Nordsee-Anrainer bündeln Kräfte beim Ausbau der Offshore-Windenergie
Im Bemühen um eine Abkehr von russischen Energielieferungen stärken die Anrainerstaaten der Nordsee ihre Zusammenarbeit: Die Energieminister von Deutschland, Dänemark, den Niederlanden und Belgien unterzeichneten am Mittwoch auf dem Nordsee-Gipfel im dänischen Esbjerg eine Kooperation für Offshore-Windenergie und grünen Wasserstoff. Die Erzeugungskapazität für Windkraft soll bis 2050 verzehnfacht werden.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach von der "Grundlage für die ersten echten europäischen Kraftwerke". "Die Projekte sollen gemeinsam entwickelt, gemeinsam finanziert und der Strom gemeinsam verteilt werden", sagte Habeck im ZDF. Ziel sei es, "dass nicht mehr jedes Land seinen eigenen Kram macht, sondern dass man das wirklich kooperativ angeht".
Vereinbart wurde in Esbjerg, künftig gemeinsam hybride Offshore-Kooperationsprojekte zu entwickeln, so genannte "Energieinseln": Sie sollen Windparks und Stromnetze vereinen, mehrere Mitgliedstaaten sollen angebunden sein. Der Nordseeraum solle sich als "Green Power Plant of Europe" entwickeln.
Die vier Nordsee-Anrainer vereinbarten konkrete Ausbauziele von mindestens 65 Gigawatt bis 2030 und 150 Gigawatt bis 2050. Das sei eine Verzehnfachung der heutigen Erzeugungskapazität bis 2050, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Dazu kommen soll die Erzeugung von grünem Wasserstoff mit der auf See gewonnenen Windenergie; beim Ausbau der dafür nötigen Infrastruktur soll die Zusammenarbeit verstärkt werden.
Die gesamte EU plant, ihre Offshore-Kapazitäten bis 2050 auf 300 Gigawatt zu verzwanzigfachen. Deutschland will seine Kapazitäten nach Habecks Worten bis 2030 auf 30 Gigawatt erhöhen. 2045 sollen nach den Plänen der Bundesregierung dann mindestens 70 Gigawatt erzeugt werden.
Dänemark verpflichtete sich in der gemeinsamen Abschlusserklärung, eine "Energieinsel" in der Nordsee zu bauen, wo bis 2033 drei Gigawatt Strom erzeugt werden, die auch nach Belgien geleitet werden können. Auch Deutschland und die Niederlande sollen angebunden werden.
Belgien will laut Erklärung bis 2030 eine solche "Energieinsel" errichten, die 5,8 Gigawatt Strom liefern soll. Beide "Inseln" sollen verbunden werden. Den Niederlanden will Dänemark grünen Strom für eine Energieverteilzentrum liefern.
Habeck und der dänische Energieminister Dan Jörgensen unterzeichneten zudem eine bilaterale Absichtserklärung, in der beide Länder vereinbaren, im Bereich grüner Wasserstoff und der Entwicklung grenzüberschreitender Infrastruktur zusammenzuarbeiten. Sie planen auch eine "Energieinsel" in der Ostsee.
Am Nordsee-Gipfel nahmen auch die Staats- und Regierungschefs der Anrainerstaaten teil, unter ihnen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Außerdem waren EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Energiekommissarin Kadri Simson sowie Unternehmensvertreter vor Ort.
Lewis--TNT