The National Times - Wirtschaftsinstitute malen düsteres Bild - Aber Warnung vor Firmenrettungen

Wirtschaftsinstitute malen düsteres Bild - Aber Warnung vor Firmenrettungen


Wirtschaftsinstitute malen düsteres Bild - Aber Warnung vor Firmenrettungen
Wirtschaftsinstitute malen düsteres Bild - Aber Warnung vor Firmenrettungen / Foto: © AFP/Archiv

Die führenden Wirtschaftsinstitute des Landes haben ihre Prognose zur wirtschaftlichen Entwicklung erneut abgesenkt. Statt eines leichten Wachstums um 0,1 Prozent erwarten die Experten im laufenden Jahr nun einen leichten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,1 Prozent, wie die Institute in ihrer sogenannten Gemeinschaftsdiagnose am Donnerstag mitteilten. Sie warnten die Bundesregierung jedoch vor kurzfristigen Konjunkturmaßnahmen und Unternehmensrettungen.

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Im vergangenen Jahr war das deutsche BIP bereits preis- und kalenderbereinigt um 0,1 Prozent zurückgegangen. Die zunächst erwartete Erholung in diesem Jahr blieb dann nahezu gänzlich aus. Und auch im kommenden Jahr dürfte sie mit zunächst nur 0,8 Prozent Wachstum nach Einschätzung der Wirtschaftsinstitute schwach ausfallen.

Die Wirtschaftsforschenden verwiesen auf einen tiefgreifenden strukturellen Wandel. "Dekarbonisierung, Digitalisierung, demographischer Wandel und wohl auch der stärkere Wettbewerb mit Unternehmen aus China haben strukturelle Anpassungsprozesse ausgelöst, die die Wachstumsperspektiven der deutschen Wirtschaft dämpfen", erklärte Geraldine Dany-Knedlik vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW).

Mit Blick auf die aktuelle Debatte um die kriselnde Autoindustrie warnten die Experten jedoch vor gezielten Rettungsmaßnahmen für einzelne Unternehmen und Standorte. Vielmehr solle die Politik den Strukturwandel "laufen lassen", sagte Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Dafür spreche auch die Lage am Arbeitsmarkt: Trotz einer zuletzt gestiegenen Arbeitslosigkeit sei das größere Problem der Unternehmen nach wie vor der Mangel an geeigneten Arbeitskräften.

"Der Strukturwandel impliziert, dass sich Beschäftigungsverhältnisse ändern", sagte Stefan Kooths vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel). Massenentlassungen etwa durch Werksschließungen seien bedauerlich, der Staat müsse jedoch dann Betroffenen gezielt helfen, "aber eben nicht in erster Linie den Aktionären" des Unternehmens.

Die Forschenden forderten die Bundesregierung dazu auf, die Rahmenbedingungen für Unternehmen in Deutschland zu verbessern etwa über weniger Bürokratie, bessere Infrastruktur oder bessere Bildung. Die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgeschlagene Wachstumsinitiative sei da "ein Schritt in die richtige Richtung", sagte Kooths. Die dadurch erhoffte Anhebung des Wirtschaftswachstums um 0,5 Prozentpunkte bereits im kommenden Jahr bezweifeln die Experten jedoch stark.

Manche von Habecks Maßnahmen seien zu vage oder hätten ohnehin unternommen werden müssen, führte Kooths aus. Auch gebe es politische Projekte, die dem Wirtschaftswachstum schaden dürften, etwa das Rentenpaket. "Das dürfte nicht dazu beitragen, dass Deutschland als Zuwanderungsland für qualifizierte Arbeitskräfte attraktiver wird", sagte der IfW-Forscher. Auch etwa das Tariftreuegesetz von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) scheine wieder "sehr bürokratisch zu geraten".

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte eine Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. "Wir brauchen insgesamt wieder mehr Marktwirtschaft in unserer Wirtschaftspolitik und weniger staatliche Bevormundung und Lenkung", sagte er der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Nötig seien nun noch "weiter gehende Entlastungen - bei der Steuer, den Abgaben und den Energiepreisen".

Der Strukturwandel trifft nach Einschätzung der Wirtschaftsinstitute besonders die Industrie und deren investitions- und energieintensive Zweige. "Ihre Wettbewerbsfähigkeit leidet unter den gestiegenen Energiekosten und der zunehmenden Konkurrenz durch hochwertige Industriegüter aus China, die deutsche Exporte auf den Weltmärkten verdrängen", erklärten sie. Die hohen Zinsen und wirtschafts- und geopolitische Unsicherheiten beeinträchtigten Investitionstätigkeit und Konsumlaune der Verbraucher.

Als positive Faktoren hoben die Forschenden "das Anziehen der Konjunktur in wichtigen Absatzmärkten wie den europäischen Nachbarländern" hervor. Dies werde den deutschen Außenhandel stützen. Allerdings hinterlasse die wirtschaftliche Schwäche mittlerweile auch "deutlichere Spuren" am Arbeitsmarkt. "Erst im Verlauf des kommenden Jahres, wenn sich die wirtschaftliche Aktivität allmählich erholt, dürfte die Arbeitslosigkeit wieder zurückgehen."

An der Gemeinschaftsdiagnose in diesem Herbst beteiligt sind neben dem DIW, dem IWH und dem IfW auch das Ifo-Institut aus München in Kooperation mit dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung sowie das Essener Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Kooperation mit dem Institut für Höhere Studien Wien.

S.Arnold--TNT

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