The National Times - Gefangenenaustausch des Westens mit Russland: Freigelassene in Deutschland und USA empfangen

Gefangenenaustausch des Westens mit Russland: Freigelassene in Deutschland und USA empfangen


Gefangenenaustausch des Westens mit Russland: Freigelassene in Deutschland und USA empfangen
Gefangenenaustausch des Westens mit Russland: Freigelassene in Deutschland und USA empfangen / Foto: © POOL/AFP

Nach dem größten Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen seit dem Kalten Krieg sind die Freigelassenen in Deutschland und den USA empfangen worden. "Viele haben um ihre Gesundheit und auch um ihr Leben gefürchtet, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der in der Nacht zum Freitag mehrere Freigelassene am Flughafen Köln/Bonn begrüßte. In den USA empfing Präsident Joe Biden unter anderem den US-Journalisten Evan Gershkovich.

Textgröße ändern:

Russland, Belarus sowie auf der anderen Seite fünf Nato-Staaten, darunter die USA und Deutschland, hatten den Gefangenenaustausch am Donnerstagnachmittag vollzogen. Er betraf insgesamt 24 Inhaftierte. Unter ihnen war der in Russland inhaftierte US-Reporter Evan Gershkovich, aber auch der in deutscher Haft befindliche sogenannte Tiergarten-Mörder - und zwei Minderjährige.

Der Austausch habe "nur durch intensive Kooperation mit vielen Ländern Europas und ganz besonders den Vereinigten Staaten vom Amerika über eine ganz lange Zeit" erfolgen können, sagte Scholz. Mit Blick auf den Austausch sagte der Bundeskanzler, er glaube, "dass das eine richtige Entscheidung ist". Wer Zweifel daran habe, verliere diese nach dem Gespräch mit denjenigen, die jetzt in Freiheit sind.

Russland ließ bei dem Austausch 15 Gefangene frei, darunter vier mit deutschem Pass. Auch die Freilassung eines in Belarus zunächst zum Tode verurteilten und später begnadigten Deutschen konnte erreicht werden. Bei den Deutschen handelt es sich nach AFP-Informationen um Kevin Lik, Dieter Voronin, German Moyzhes, Patrick Schöbel und Rico Krieger.

Nach Angaben des russischen Geheimdienstes FSB konnten acht russische Häftlinge und zwei Minderjährige nach Russland zurückkehren. Zu den Häftlingen zählte der sogenannte Tiergarten-Mörder Vadim Krasikow. Er war Ende 2021 zu lebenslanger Haft in Deutschland verurteilt worden, weil er nach Überzeugung des Berliner Kammergerichts im August 2019 einen tschetschenischstämmigen Georgier im Kleinen Tiergarten in der Hauptstadt erschossen hatte. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Krasikow den Mord im Auftrag staatlicher russischer Stellen begangen hatte.

Scholz sagte: "Niemand hat sich die Entscheidung einfach gemacht, einen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Mörder nur nach wenigen Jahren der Haft abzuschieben". In diesem Fall habe das staatliche Interesse an der Vollstreckung der Strafe abgewogen werden müssen "mit der Freiheitsgefahr für Leib und in einigen Fällen auch des Lebens unschuldig in Russland inhaftierter Personen und zu Unrecht politischer Inhaftierter".

Für die Bundesregierung sei entscheidend gewesen, "dass wir eine Schutzverpflichtung haben gegenüber deutschen Staatsangehörigen sowie auch die Solidarität mit den USA", sagte Scholz. US-Präsident Biden dankte Deutschland und anderen Verbündeten für ihre Beteiligung an dem Gefangenenaustausch. Er sprach von einer "Meisterleistung der Diplomatie", welche das "Leid" dieser Häftlinge beendet habe.

Präsident Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris empfingen drei der Freigelassenen in der Nacht zum Freitag (Ortszeit) direkt in den USA. Der Reporter Evan Gershkovich, die Journalistin Alsu Kurmasheva und der frühere US-Soldat Paul Whelan wurden auf dem Luftwaffenstützpunkt Joint Base Andrews bei Washington mit Jubel von Familienangehörigen und Freunden begrüßt.

"Nicht schlecht" antwortete Gershkovich auf die Frage der wartenden Journalisten, wie es sich anfühle, nach so langer Zeit wieder in der Heimat zu sein. "Wir können es kaum erwarten, ihn in die Arme zu nehmen", schrieb seine Familie in einer Erklärung. Zu den Freigelassenen gehören auch der russische Oppositionelle Wladimir Kara-Mursa und der russische Menschenrechtsaktivist Oleg Orlow, der Ko-Vorsitzende der in Russland verbotenen Organisation Memorial.

Russlands Präsident Wladimir Putin empfing derweil die freigelassenen Russen in Moskau auf dem Flughafen. "Ich möchte Ihnen zur Ihrer Heimkehr ins Heimatland gratulieren", sagte Putin auf dem Moskauer Flughafen Wnukowo, wie im russischen Staatsfernsehen zu sehen war. Mehrere freigelassene Russen nahm der Kreml-Chef in den Arm.

Enttäuschung gab es jedoch bei den in Deutschland lebenden Angehörigen des Mordopfers des sogenannten Tiergarten-Mörders Krasikow. "Nicht einmal fünf Jahre nach dem Mord" sei der von Kreml-Chef "Putin beauftragte Mörder wieder auf freiem Fuß", erklärten sie nach Angaben ihrer Anwältin Inga Schulz. Die Freilassung von Krasikow sei "eine niederschmetternde Nachricht für uns Angehörige" gewesen".

In der Bundespolitik löste der Gefangenenaustausch derweil unterschiedliche Reaktionen aus. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), erklärte im Onlinedienst X, "manchmal muss man aus Gründen der Menschlichkeit mit dem Teufel einen Deal machen".

Der CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter äußerte hingegen Kritik. "Ich fürchte, dass mit der Freilassung des verurteilten Tiergarten-Mörders ein Präzedenzfall geschaffen wird, der von Russland politisch massiv ausgenutzt werden kann", sagte er dem "Tagesspiegel". Russland sei "ein Terrorstaat, der mittlerweile gezielt versucht, Geiseldiplomatie zu etablieren".

Amnesty International Deutschland erklärte derweil, Putins Missbrauch der politischen Häftlinge als "Faustpfand" hinterlasse einen "bitteren Beigeschmack".

J.Sharp--TNT

Empfohlen

Brandenburg-Wahl facht Debatte über Ampel-Zukunft weiter an

Ein Jahr vor der Bundestagswahl haben die Ergebnisse der Landtagswahl in Brandenburg die Debatte über die Zukunft der Ampel-Koalition weiter angefacht. Während FDP-Chef Christian Lindner am Montag Druck auf die Koalitionspartner machte und auf rasche Entscheidungen in zentralen Fragen drängte, warnte die SPD die Liberalen vor einem Ausstieg aus dem notorisch zerstrittenen Ampel-Bündnis. Die Grünen dämpften die Erwartungen an Koalitions-Harmonie im vierten Jahr der "Ampel".

Israel verstärkt Angriffe auf Hisbollah-Ziele - Libanons Regierung meldet 100 Tote

Israel weitet sein militärisches Vorgehen gegen die Hisbollah-Miliz im Libanon massiv aus. Die Armee kündigte am Montag "umfangreichere und präzisere Angriffe gegen Terrorziele" im gesamten Land an und rief erstmals auch die Bevölkerung auf, sich in Sicherheit zu bringen. Nach eigenen Angaben griff die israelische Armee am Montag mehr als 300 Hisbollah-Ziele an. Die libanesische Regierung sprach von hundert Toten und mehr als 400 Verletzten.

Frankreichs neue Regierung will härteren Kurs bei der Einwanderung verfolgen

Frankreichs neue rechtsorientierte Regierung hat bei der Übernahme der Regierungsgeschäfte eine Verschärfung ihrer Einwanderungspolitik erkennen lassen. "Wir müssen den Mut zur Härte haben", sagte der konservative Innenminister Bruno Retailleau am Montag in Paris. Zuvor hatte Premierminister Michel Barnier bereits Deutschlands Entscheidung, die Grenzkontrollen auf all seine Grenzen auszuweiten, als "sehr interessant" bezeichnet.

Spitzengremien von CDU und CSU heben Merz als Kanzlerkandidaten auf den Schild

Die Parteigremien von CDU und CSU haben Friedrich Merz offiziell als Kanzlerkandidaten der Union nominiert. Wie CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Montag sagte, wurde Merz in Bundesvorstand und Präsidium einstimmig zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl in einem Jahr gekürt. Zuvor hatte bereits der CSU-Parteivorstand mitgeteilt, dass er sich geschlossen hinter den 68-jährigen CDU-Chef gestellt habe.

Textgröße ändern: