Außen- und Verteidigungsminister der USA mit Selenskyj zusammengetroffen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist am Sonntagabend in Kiew mit US-Außenminister Antony Blinken und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin zusammengetroffen. Die Besucher aus den USA unterhielten sich "in diesem Moment mit dem Präsidenten", sagte Selenskyjs Berater Oleksij Arestowitsch in einem Interview auf der Videoplattform Youtube. Unterdessen überschatteten erbitterte Kämpfe die Feiern zum orthodoxen Osterfest in der Ostukraine.
Bei den Gesprächen mit Blinken und Austin sollte es nach Angaben Selenskyjs um die US-Waffenlieferungen für die ukrainischen Streitkräfte gehen. Arestowitsch bekräftigte, die Minister wären nicht gekommen, wenn sie nicht zu weiteren Lieferungen "bereit" wären. Am späten Abend schrieb Selenskyj auf Twitter, die "US-ukrainische Freundschaft und Partnerschaft ist stärker als je zuvor". Das US-Außenministerium wollte zu der Reise keine Angaben machen.
Der Besuch Blinkens und Austins fiel mit dem orthodoxen Osterfest zusammen, das am Sonntag trotz der anhaltenden russischen Angriffe in vielen Orten begangen wurde. "Unsere Seelen sind erfüllt von heftigem Hass auf die Invasoren und alles, was sie getan haben", erklärte Selenskyj, der jedoch hinzufügte: "Lasst nicht zu, dass die Wut uns von innen heraus zerstört."
Im an der ostukrainischen Frontlinie gelegenen Lyman versammelten sich bereits am frühen Morgen etwa 50 Zivilisten in der orthodoxen Kirche. Während des gesamten Gottesdienstes war von draußen Artilleriebeschuss zu hören. In der ebenfalls an der Front gelegenen Stadt Sewerodonezk begingen ukrainische Soldaten nach nächtlichen Mörserangriffen der russischen Armee das Osterfest mit ihren Kalaschnikows, Müsliriegeln und Osterbroten unter einer Brücke.
Unterdessen berichteten die Behörden in der Ostukraine, dass bei Angriffen in der Region Donezk fünf Zivilisten getötet und fünf weitere verletzt worden seien. Demnach wurde auch in Charkiw ein Mensch getötet.
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) forderte die Freilassung von vier ukrainischen Mitarbeitern in den von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebieten im Osten der Ukraine. Die Separatisten werfen ihnen Spionage vor.
Auch im Süden des Landes verstärkte die russische Armee ihre Angriffe. Der Vize-Kommandeur des nationalistischen ukrainischen Asow-Regiments, Swjatoslaw Palamar, erklärte am Sonntag, Russland setze seine Angriffe aus der Luft und per Artillerie auf die Stahlwerke von Mariupol fort. Russische Infanteriesoldaten versuchten demnach, das Industriegelände zu stürmen.
Auf dem riesigen Gelände des Konzerns Asow-Stahl haben sich hunderte ukrainische Soldaten und Zivilisten verschanzt. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Donnerstag angeordnet, das Werk weiter zu belagern - so engmaschig, dass "keine Fliege mehr heraus kann".
Arestowitsch sagte am Sonntag, die ukrainische Regierung habe Russland Verhandlungen nahe der Industrieanlage angeboten. Die Antwort der russischen Verhandlungsdelegation stehe noch aus.
Für Entsetzen sorgten mehrere russische Raketenangriffe auf die Schwarzmeer-Metropole Odessa, bei denen am Samstag nach Angaben Selenskyjs acht Zivilisten getötet wurden, darunter ein drei Monate altes Mädchen. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, es habe in der Nähe von Odessa ein Depot angegriffen, in dem ausländische Waffen gelagert worden seien.
Der Westen geht davon aus, dass Russlands Staatschef Putin am symbolisch bedeutsamen 9. Mai einen wichtigen Sieg in der Ukraine verkünden will. Ein ranghoher russischer General hatte vor wenigen Tagen erklärt, Auftrag der russischen Streitkräfte sei es, die vollständige Kontrolle über die Südukraine und den Donbass zu erlangen.
Demnach will Russland eine Landverbindung zur annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie zu der von prorussischen Separatisten kontrollierten Region Transnistrien in der Republik Moldau herstellen. Die Äußerungen des Generals sorgten für Unruhe im pro-westlich regierten Moldau, das eine Ausweitung des Ukraine-Kriegs auf sein Staatsgebiet befürchtet.
A.M.Owen--TNT