The National Times - Gericht in Italien lässt Anklagen gegen Seenotretter fallen

Gericht in Italien lässt Anklagen gegen Seenotretter fallen


Gericht in Italien lässt Anklagen gegen Seenotretter fallen
Gericht in Italien lässt Anklagen gegen Seenotretter fallen / Foto: © AFP/Archiv

Ende eines umstrittenen Justizverfahrens gegen Seenotretter im Mittelmeer: Ein italienisches Gericht hat die Anklagen gegen Besatzungsmitglieder von Rettungsschiffen aufgehoben, denen bei der Rettung von Bootsflüchtlingen eine Zusammenarbeit mit libyschen Schleusern vorgeworfen worden war. "Nach sieben Jahren Odyssee" habe ein Gericht in Trapani auf Sizilien am Freitag "verkündet, das Verfahren gegen alle Angeklagten einzustellen", teilten Besatzungsmitglieder des Rettungsschiffes "Iuventa" im Onlinedienst X mit.

Textgröße ändern:

Die deutsche Nichtregierungsorganisation Jugend rettet, die das Rettungsschiff "Iuventa" betrieb, erklärte auf X, die Gerichtsentscheidung sei das "längst überfällige Eingeständnis der italienischen Justiz, dass der 'Iuventa'-Case von Anfang an eine politische Farce war". "Die Vorwürfe erwiesen sich als haltlos. Es gibt keine Beweise, die Anklage wurde fallengelassen", erklärte Jugend rettet.

Das Gericht in Trapani folgte mit seiner Entscheidung der Empfehlung der Staatsanwaltschaft vom Februar, in dem langjährigen Verfahren alle Vorwürfe fallenzulassen. Menschenrechtsgruppen hatten den Fall als politisch motiviert kritisiert.

"Das Verfahren stellt das längste, teuerste und umfangreichste Verfahren gegen Seenotrettungsorganisationen dar, einschließlich zwei Jahre dauernder Vorverhandlung mit über 40 Anhörungen", erklärte die "Iuventa"-Crew.

Die damalige Mitte-links-Regierung in Rom hatte die Seenotretter ab dem Jahr 2016 ins Visier genommen, als die Zahl der Flüchtlinge, die an den Küsten Italiens ankamen, um einen zweistelligen Prozentsatz anstieg. Damals trafen rund 181.000 Migranten in Italien ein, in die gesamte EU kamen mehr als zwei Millionen Asylsuchende, viele von ihnen aus den von Krieg gezeichneten Ländern Syrien und Afghanistan.

Im Zuge der Ermittlungen wurden humanitäre Helfer, Anwälte und Journalisten abgehört und ein Undercover-Agent an Bord eines Rettungsschiffes eingesetzt.

2021 wurden Anklagen gegen 21 Einzelpersonen erhoben, die auf der "Iuventa" und zwei Schiffen der NGOs Save the Children und Ärzte ohne Grenzen arbeiteten. Im vergangenen Jahr wurde das Verfahren aufgeteilt, acht Besatzungsmitglieder und zwei Schiffskapitäne standen am Freitag als Einzelbeschuldigte vor Gericht in Trapani. Angeklagt waren auch Save the Children, Ärzte ohne Grenzen und der Eigentümer von zwei gecharterten Schiffen.

Allen Angeklagten drohten bis zu 20 Jahre Haft. Ihnen wurde vorgeworfen, die illegale Einwanderung in den Jahren 2016 und 2017 begünstigt und ihre Rettungsaktionen mit Schleppern in Libyen koordiniert zu haben. Demnach sollen sie Boote zur weiteren Verwendung nach Libyen zurückgeschickt und Migranten aufgenommen haben, deren Leben auf dem Mittelmeer gar nicht in Gefahr gewesen sei.

"Die umfangreiche Anklageschrift stützte sich unter anderem auf Abhörmaßnahmen, falsche Aussagen und eine bewusst verzerrte Interpretation von Rettungsmechanismen, um sie als kriminelle Handlungen darzustellen", erklärte Ärzte ohne Grenzen am Freitag.

Der Prozess galt als extremes Beispiel für die Versuche europäischer Regierungen, die Bemühungen von Nichtregierungsorganisationen um Hilfe für Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer zu durchkreuzen.

Die "Iuventa"-Crew erklärte am Freitag, sie begrüße zwar die Einstellung des Verfahrens, es bleibe aber festzustellen, "dass durch die Ermittlungen und das Verfahren bereits unermessliche Schäden verursacht wurden". Der Fall markiere "den Beginn einer öffentlichen Diffamierungskampagne gegen die zivile Seenotrettung, die darauf abzielte, das harte Vorgehen gegen Rettungsaktivitäten zu legitimieren".

T.Ward--TNT

Empfohlen

Israel startet "begrenzten und gezielten Bodeneinsatz" gegen Hisbollah im Südlibanon

Vor dem Hintergrund verschärfter Spannungen in der Region hat die israelische Armee einen "begrenzten und gezielten" Bodeneinsatz gegen die pro-iranische Hisbollah im Südlibanon gestartet. Die von Luftangriffen und Artillerie unterstützten Angriffe richteten sich "gegen terroristische Ziele und Infrastrukturen der Hisbollah", erklärte die israelische Armee am Dienstag. Aus libanesischen Sicherheitskreisen erfuhr die Nachrichtenagentur AFP zudem von mindestens sechs israelischen Angriffen in Beirut. Staatsmedien im Nachbarland Syrien berichteten ihrerseits von israelischen Angriffen nahe Damaskus.

China feiert 75-jähriges Bestehen der Volksrepublik

In China wird am Dienstag das 75-jährige Bestehen der Volksrepublik begangen. Bereits am Vorabend des Nationalfeiertags hielt Präsident Xi Jinping eine Rede bei einem Bankett vor tausenden Menschen in der Hauptstadt Peking. Darin bekräftigte er seine Bestrebungen nach einer "Wiedervereinigung" mit Taiwan, das China als abtrünnige Provinz betrachtet. "Die vollständige nationale Wiedervereinigung ist das gemeinsame Bestreben des chinesischen Volkes", sagte Xi.

Baerbock empfängt Außenminister der Westbalkan-Staaten

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) empfängt am Dienstag (15.00 Uhr) im Rahmen des sogenannten Berlin-Prozesses ihre Kollegen aus den sechs Westbalkan-Staaten. Die Länder Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien haben alle eine EU-Beitrittsperspektive. Der Berliner Prozess soll die Annäherung der gesamten Region an die Europäische Union beschleunigen.

Frankreichs Premierminister Barnier will Regierungsprogramm vorstellen

Frankreichs Premierminister Michel Barnier will am Dienstag vor der Nationalversammlung die groben Linien seines Regierungsprogramms vorstellen. Von 15.00 Uhr an will er sich an die Abgeordneten wenden, die an dem Tag erstmals nach der vorgezogenen Parlamentswahl zusammentreten. Barnier steht einer Minderheitsregierung vor, die in einer Klausurtagung am vergangenen Freitag Vorschläge für das Regierungsprogramm gemacht hat. Einen ausgehandelten Koalitionsvertrag gibt es bislang nicht.

Textgröße ändern: