Kaum noch Hoffnung auf Feuerpause vor Ramadan - Israel wirft Hamas Blockadehaltung vor
Vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan wächst die Furcht vor einer weiteren Eskalation in Nahost: Die islamistische Hamas blockiert nach nach israelischen Angaben die Verhandlungen über eine Feuerpause und die Freilassung von Geiseln im Gazastreifen. Das Büro des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu erklärte am Samstag, die Hamas sei an einem Abkommen offenbar "nicht interessiert". Auch US-Präsident Joe Biden hatte sich skeptisch gezeigt hinsichtlich einer Einigung zwischen Israel und der Hamas noch am Wochenende.
Israel stehe weiterhin im Kontakt zu den Vermittlern, um "die Differenzen zu verringern und eine Einigung zu erreichen", erklärte Netanjahus Büro. Doch die radikalislamische Palästinenserorganisation versteife sich auf ihre Haltung "wie jemand, der nicht an einer Einigung interessiert ist", und versuche, die Stimmung in der Region während des muslimischen Fastenmonats Ramadan weiter anzuheizen.
Nach Angaben der israelischen Regierung hatten sich am Freitag die Chefs des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad und des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, David Barnea und William Burns, getroffen, um die Verhandlungen über ein Abkommen zur Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas voranzutreiben. Wo das Treffen stattfand, wurde nicht bekannt.
Die Hamas verlangt einen dauerhaften Waffenstillstand, einen vollständigen Abzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen, die Rückkehr der Binnenvertriebenen in ihre Häuser und den Beginn des Wiederaufbaus in dem Palästinensergebiet. Israel lehnt dies ab und kritisiert zudem die bislang nicht erfolgte Übergabe einer Liste noch lebender Geiseln durch die Hamas.
Die seit Wochen andauernden zähen Gespräche unter Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars waren am Donnerstag von der Hamas mit der Begründung abgebrochen worden, die bisherigen Antworten der israelischen Regierung erfüllten "nicht die Mindestanforderungen". Viele hatten auf eine solche Einigung gehofft, damit mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangen und Hamas-Geiseln freikommen können.
US-Präsident Biden hatte bereits am Freitag die Hoffnungen auf eine Feuerpause und die Geiselfreilassung vor Ramadan-Beginn gedämpft. Die Chancen seien eher "gering", sagte er. US-Außenminister Antony Blinken sagte, das Problem bei den Verhandlungen sei die Hamas. "Der Ball ist in ihrem Feld."
Die Furcht vor einer weiteren Eskalation während des Ramadan war zuletzt auch gewachsen, nachdem der in Katar lebende Hamas-Chef Ismail Hanija alle Palästinenser dazu aufgerufen hatte, zu dessen Beginn massenweise zur Al-Aksa-Moschee in Jerusalem zu strömen. Der muslimische Fastenmonat beginnt je nach Sichtung der Mondsichel am Montag oder bereits am Sonntagabend.
Während die Kämpfe im Gazastreifen ebenso weitergingen wie die fieberhaften Bemühungen um eine Einigung auf eine Feuerpause, wurde in Zypern ein erstes Versorgungsschiff für die notleidenden Menschen im Gazastreifen beladen. Die US-Hilfsorganisation World Central Kitchen teilte mit, dass sie im zyprischen Hafen Larnaka Hilfsgüter auf ein in den nördlichen Gazastreifen ablegebereites Schiff verladen habe.
Der "Piloteinsatz" war gestartet worden, nachdem mehrere Staaten - darunter Deutschland - die Öffnung eines maritimen Hilfskorridors von Zypern in den Gazastreifen angekündigt hatten. Der geplante Bau einer Landungsbrücke vor der Küste des Gazastreifens wird allerdings nach US-Angaben wochenlang dauern.
Hilfsorganisationen warnen seit Wochen vor einer Hungersnot in dem Palästinensergebiet. Angesichts der katastrophalen Lage der Zivilbevölkerung erklärten Kanada und Schweden am Samstag, ihre Zahlungen an das umstrittene UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA wiederaufzunehmen.
Die Regierung in Stockholm betonte, eine erste Zahlung in Höhe 200 Millionen Kronen (rund 18 Millionen Euro) werde an eine "gründliche Prüfung der Ausgaben und der Mitarbeiter" geknüpft. Im Januar waren gegen das UNRWA schwere Vorwürfe bekannt geworden: Zwölf seiner Mitarbeiter sollen an dem beispiellosen Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen sein.
Das israelische Außenministerium kritisierte die Wiederaufnahme der Zahlungen an das UN-Palästinenserhilfswerk durch die beiden Länder und warf ihnen vor, "die Verwicklung von UNRWA-Mitarbeitern in terroristische Aktivitäten zu ignorieren".
Bei ihrem brutalen Überfall auf Israel am 7. Oktober hatten Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas israelischen Angaben zufolge etwa 1160 Menschen getötet sowie rund 250 als Geiseln verschleppt. Demnach sind noch immer 130 Geiseln in der Gewalt der Hamas, 31 von ihnen sollen bereits tot sein.
Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 30.900 Menschen getötet.
T.Allen--TNT