Richtungsentscheidung: Oberstes Gericht kippt Trumps Vorwahl-Ausschluss in Colorado
Im Rechtsstreit um die Teilnahme von Donald Trump an den Vorwahlen der Republikaner hat der Oberste US-Gerichtshof eine Richtungsentscheidung gefällt: Die neun Richter wiesen am Montag einstimmig den Ausschluss des früheren Präsidenten von den Vorwahlen in Colorado zurück. Angesichts der Bedeutung der Entscheidung auch für andere Bundesstaaten zeigte sich Trump euphorisch und sprach von einem "großen Sieg für Amerika".
Das Oberste Gericht von Colorado hatte im Dezember entschieden, dass der Rechtspopulist wegen seiner Rolle bei der Kapitol-Erstürmung am 6. Januar 2021 nicht bei der Abstimmung der Republikaner in dem Bundesstaat über ihren Präsidentschaftskandidaten antreten darf. Daraufhin hatte Trump das Oberste Gericht in Washington angerufen.
Ohne sich inhaltlich zur Rolle Trumps bei der Kapitol-Erstürmung zu äußern, entschied das Oberste Gericht nun, dass der 77-Jährige in Colorado nicht von den Vorwahlen ausgeschlossen werden dürfe. Zur Begründung führten sie an, dass nur der US-Kongress und nicht ein einzelner Bundesstaat das Recht für eine solche Ausschluss-Entscheidung habe. Damit setzten sie auch ein klares Zeichen für andere Bundesstaaten, in denen es ähnliche Bestrebungen wie in Colorado gab und gibt.
Unter anderem hatte im Bundesstaat Maine die Wahlleiterin entschieden, dass der Ex-Präsident dort nicht zur Vorwahl antreten darf. Auch gegen diese Entscheidung gehen Trumps Anwälte vor. Auch anderswo waren Verfahren eingeleitet worden, um Trump von den Vorwahlen auszuschließen - wobei viele Bundesstaaten erst einmal die Entscheidung des Obersten Gerichts abwarten wollten.
Diese fiel nun genau einen Tag vor dem so genannten Super Tuesday, bei dem die Wählerinnen und Wähler am Dienstag in 15 Bundesstaaten in Vorwahlen über die Präsidentschaftskandidaten der Republikaner und der Demokraten abstimmen, darunter in Colorado sowie in den bevölkerungsreichsten Bundesstaaten Kalifornien und Texas.
Bei den Demokraten steht Präsident Joe Biden de facto als erneuter Kandidat fest, bei den Republikanern steuert Trump auf die erneute Nominierung zu: Er hat fast alle bisherigen Vorwahlen klar gewonnen. Seine einzige verbliebene Rivalin, die frühere Gouverneurin und Botschafterin Nikki Haley, könnte aus dem Republikaner-Rennen aussteigen, sollte sie am Super Tuesday erneut schwere Pleiten erleben.
Mit Blick auf Trumps Stellung hatten seine Anwälte vor dem Obersten Gericht unter anderem argumentiert, dass sein Ausschluss das erste Mal in der Geschichte des Landes wäre, dass "die Justiz Wähler daran hindert, für den führenden Präsidentschaftskandidaten einer der großen Parteien zu stimmen".
Sowohl in Colorado als auch in Maine war zur Begründung für Trumps Ausschluss auf den 14. Zusatzartikel zur US-Verfassung verwiesen worden. Darin heißt es, dass niemand ein öffentliches Amt ausüben darf, wenn er sich an einem "Aufstand oder Aufruhr" gegen die Verfassung beteiligt hat, nachdem er einen Eid auf deren Verteidigung abgelegt hat.
Trump hatte sich nach der Präsidentschaftswahl 2020 geweigert, seine Niederlage gegen Biden anzuerkennen, und vielfach widerlegte Wahlbetrugsvorwürfe erhoben. Am 6. Januar 2021 rief der Republikaner seine Anhänger in einer aufpeitschenden Rede auf, zum Kapitol zu marschieren und "auf Teufel komm raus" zu kämpfen. Der folgende Angriff auf das Kapitol mit fünf Todesopfern sorgte weltweit für Entsetzen und gilt als schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie.
L.Johnson--TNT