US-Vizepräsidentin Harris kritisiert Israel wegen unzureichender Hilfslieferungen für Gazastreifen
US-Vizepräsidentin Kamala Harris hat Israel wegen unzureichender Hilfslieferungen in den Gazastreifen kritisiert und eine sofortige Waffenruhe in dem Palästinensergebiet gefordert. "Angesichts des riesigen Ausmaßes an Leid in Gaza muss es eine sofortige Waffenruhe für mindestens die nächsten sechs Wochen geben", sagte Harris, die am Montag in Washington den einflussreichen israelischen Minister Benny Gantz treffen wird, am Sonntag im Bundesstaat Alabama.
Ein Vorschlag für eine entsprechende Feuerpause, die auch mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen sowie eine Freilassung von Geiseln in der Gewalt der Hamas ermöglichen würde, läge "auf dem Tisch", sagte die Stellvertreterin von US-Präsident Joe Biden in der Stadt Selma. "Die Hamas muss diesem Deal zustimmen." Die USA versuchen zusammen mit Ägypten und Katar eine Feuerpause zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas zu vermitteln.
In ungewöhnlich scharfer Form rief Harris die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zudem auf, mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen zu lassen. "Die israelische Regierung muss mehr tun, um den Fluss von Hilfsgütern bedeutsam zu vergrößern", sagte die Vizepräsidentin. "Keine Entschuldigungen." So müsse Israel weitere Grenzübergänge öffnen und dürfe keine "unnötigen Beschränkungen" für eine Auslieferung von Hilfen auferlegen.
Auch US-Außenminister Antony Blinken forderte mehr Hilfslieferungen für den Gazastreifen. "Die Menschen brauchen dringend mehr Lebensmittel, Wasser und andere Hilfe", schrieb Blinken im Kurzbotschaftendienst X, früher Twitter.
Die USA sind ein historischer Verbündeter Israels und stehen militärisch und diplomatisch an der Seite des Landes. Die Biden-Regierung sieht das Vorgehen der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen aber kritisch und dringt auf eine Waffenruhe, einen besseren Schutz von Zivilisten und mehr Hilfsgüter.
Biden und Harris stehen unter anderem mit Blick auf die Präsidentschaftswahl am 5. November unter Druck: Muslimische Wähler sehen die Unterstützung der US-Regierung für Israel höchst kritisch, was den Präsidenten und seiner Stellvertreterin wichtige Stimmen kosten könnte.
Harris wird am Montag in Washington mit dem israelischen Minister Gantz über den Krieg im Gazastreifen beraten. Gantz - ein Mitglied im israelischen Kriegskabinett - wird in der US-Hauptstadt auch Bidens Nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan und Außenminister Blinken treffen, wie US-Regierungsvertreter sagten.
Bei den Gesprächen soll es um die Bemühungen für eine neue Waffenruhe im Gazastreifen und eine Ausweitung der Hilfslieferungen für das Palästinensergebiet gehen. Ein Vertreter des Weißen Hauses sagte, die US-Regierung stehe mit einer Reihe von israelischen Vertretern im Austausch, um über den Krieg und die Zeit danach zu beraten.
Gantz ist Minister ohne festes Ressort und ein langjähriger Rivale von Netanjahu. Der Washington-Besuch des früheren Verteidigungsministers stieß in der israelischen Regierung teilweise auf Kritik. Der Minister für regionale Kooperation, David Amsalem, von Netanjahus Likud-Partei schrieb im Kurzbotschaftendienst X: "Herr Gantz, Ihr Eintritt in die Regierung hatte das Ziel, in einer Krisenzeit Einheit zu schaffen, nicht, ein trojanisches Pferd zu sein."
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen dauert seit fast fünf Monaten an. Hunderte Kämpfer der unter anderem von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Palästinensergruppe waren am 7. Oktober nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten vorwiegend an Zivilisten verübt. Sie töteten nach israelischen Angaben etwa 1160 Menschen und verschleppten rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen.
Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Hamas. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, seitdem mehr als 30.410 Menschen getötet.
P.Johnston--TNT