Pistorius: Putin will unsere Geschlossenheit untergraben
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat eine besonnene Reaktion auf die Taurus-Abhöraffäre gefordert. Niemand glaube, dass die Veröffentlichung des Mitschnitts eines Gesprächs von Bundeswehroffizieren über Taurus-Marschflugkörper ein Zufall gewesen sei, sagte Pistorius am Sonntag in Berlin. "Hier geht es eindeutig darum, unsere Geschlossenheit zu untergraben. Es geht darum, unsere Innenpolitik auseinander zu treiben."
Die deutsche Politik dürfe nicht den Fehler machen, Russlands Präsident Wladimir Putin auf den Leim zu gehen. "Es ist Teil eines Informationskrieges, den Putin führt."
Zurückhaltend äußerte sich Pistorius zu der möglichen Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, den die Union in die Diskussion gebracht hat. Es stelle sich die Frage, ob der Vorgang einen Untersuchungsausschuss mit all seinen innenpolitischen Implikationen und all dem, was dann öffentlich diskutiert werde, rechtfertige. Er sei aber sicher, dass der Bundestag verantwortungsbewusst mit der Thematik umgehen werde.
Der Verteidigungsminister sagte, ihm sei bisher nicht bekannt, dass es weitere Leaks bei der Bundeswehr gebe. Der Freitag bekannt gewordene Abhörfall solle nun genau aufgearbeitet werden. Es gehe jetzt um die inhaltlichen und regulatorischen Konsequenzen, personelle Konsequenzen wären "definitiv viel zu hoch gegriffen". Es könne um disziplinarrechtliche Konsequenzen gehen, sollte sich herausstellen, dass die Beteiligten falsch gehandelt hätten.
Ein russischer Staatssender hatte den Mitschnitt eines Gesprächs zwischen vier Bundeswehroffizieren über einen möglichen Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern durch ukrainische Streitkräfte veröffentlicht. Darin geht es um den seit Monaten von der Ukraine gewünschten Einsatz von deutschen Taurus-Marschflugkörpern, die eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern haben. Unter anderem wird darüber gesprochen, ob auch die Kertsch-Brücke getroffen werden könnte, welche die Halbinsel Krim mit dem russischen Festland verbindet, und ob ukrainische Streitkräfte das Waffensystem ohne Beteiligung der Bundeswehr vor Ort bedienen könnten.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schließt die Lieferung des Taurus-Waffensystems trotz Kritik auch aus den Reihen der Koalitionspartner aus. Er begründet seine Weigerung damit, dass Deutschland dadurch in den Ukraine-Krieg hineingezogen werden könnte, bis hin zu einer direkten Beteiligung des deutschen Militärs.
A.Davey--TNT