Politiker weltweit fordern Aufklärung nach Tod Dutzender bei Ankunft von Hilfsgütern in Gaza
Nach dem Tod von zahlreichen Menschen bei der Ankunft von Lebensmittelhilfen in der Stadt Gaza haben Politiker weltweit Aufklärung von Israel gefordert und ihr Entsetzen geäußert. "Wie es zu der Massenpanik und den Schüssen kommen konnte, muss die israelische Armee lückenlos aufklären", erklärte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Freitag im Onlinedienst X, früher Twitter. Frankreich drang auf eine "unabhängige Untersuchung", auch die USA pochten auf "Antworten".
Nach Angaben der israelischen Armee war es am Donnerstag in der Stadt Gaza zu einem "Gedränge" gekommen, als tausende Menschen sich um einen Konvoi von 38 Hilfstransportern versammelten. Dabei habe es Dutzende Tote und Verletzte gegeben, von denen einige von Lastwagen überfahren worden seien. Ein Vertreter der israelischen Armee räumte eine "begrenzte" Zahl von Schüssen durch israelische Soldaten ein, die sich "bedroht" gefühlt hätten.
Das von der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium des Gazastreifens sprach von einem "Massaker", bei dem 112 Menschen getötet und 760 weitere Menschen verletzt worden seien.
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte am Freitag, das Ministerium stehe bereits in Kontakt mit der israelischen Regierung und habe die "Erwartung zum Ausdruck gebracht", dass der Vorfall schnell aufgeklärt werde. Baerbock forderte überdies mehr Hilfslieferungen für den Gazastreifen und eine "humanitäre Feuerpause".
Eine "unabhängige Untersuchung" forderten UN-Generalsekretär António Guterres, EU-Ratspräsident Charles Michel und der französische Außenminister Stéphane Séjourné. "Ich verurteile diese Schüsse scharf und verlange Wahrheit, Gerechtigkeit und Respekt für das Völkerrecht", hatte der französische Präsident Emmanuel Macron zuvor erklärt.
Auch Italien und Spanien verurteilten die Ereignisse und forderten einen Waffenstillstand. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, sie sei "zutiefst beunruhigt über die Bilder aus Gaza".
Von der Leyens Brüsseler Behörde kündigte indes am Freitag an, "Anfang nächster Woche" 50 Millionen Euro Hilfsgelder an das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA auszuzahlen, die wegen der Vorwürfe der Beteiligung von UNRWA-Mitarbeitern am Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel zurückgehalten wurden. Das UNRWA habe zu diesem Zweck einer "Reihe von Bedingungen" zugestimmt, darunter eine Untersuchung unter Leitung der EU, hieß es.
Die USA pochten nach den tödlichen Ereignissen in Gaza auf "Antworten". "Wir benötigen dringend zusätzliche Informationen darüber, was genau geschehen ist", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, in Washington. US-Präsident Joe Biden äußerte derweil die Befürchtung, dass das tödliche Geschehen die Verhandlungen über eine erneute Feuerpause im Gazastreifen erschweren werde.
Chinas Außenamtssprecherin Mao Ning rief die "betroffenen Parteien und insbesondere Israel" auf, die Kämpfe zu beenden und die Sicherheit der Zivilbevölkerung "ernsthaft zu schützen". Saudi-Arabien verurteilte "das Zielen" auf Zivilisten. Katar, einer der wichtigsten Vermittler im Krieg, rief zu internationalem Handeln auf, um die israelische "Aggression" zu beenden. In New York befasste sich der UN-Sicherheitsrat in einer Dringlichkeitssitzung mit dem tödlichen Geschehen in Gaza.
Der Gazakrieg war durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Hunderte Hamas-Kämpfer verübten Gräueltaten vorwiegend an Zivilisten und töteten nach israelischen Angaben etwa 1160 Menschen und verschleppten und verschleppten rund 250 Geiseln in den Gazastreifen.
Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Hamas. Dabei wurden nach Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 30.200 Palästinenser getötet.
Nach Angaben der Hamas führte die israelische Armee am Freitag dutzende Luftangriffe im Gazastreifen aus, vor allem auf die Städte Chan Junis und Rafah im Süden des Gebiets. Augenzeugen sprachen von Gefechten israelischer Soldaten mit der Hamas in der Stadt Gaza und in Chan Junis.
S.O'brien--TNT