Ungarns Parlament stimmt nach monatelangem Hinhalten für Nato-Beitritt Schwedens
Nach monatelangem Hinhalten hat das ungarische Parlament den Weg Schwedens für einen Beitritt zur Nato freigemacht. Das Parlament stimmte am Montag dem Antrag Stockholms auf eine Nato-Mitgliedschaft mit einer überwältigenden Mehrheit zu. Mit der Ratifizierung durch das letzte Nato-Mitglied nimmt das skandinavische Land die finale Hürde auf dem Weg in das westliche Militärbündnis - und beendet seine jahrzehntelange Bündnisfreiheit.
"Der Beitritt Schwedens zur Nato wird die Sicherheit Ungarns stärken", sagte Ungarns Regierungschef Viktor Orban bei der Eröffnung der Parlamentssitzung und forderte die Abgeordneten auf, für den Beitritt zu stimmen.
Schwedens Regierungschef Ulf Kristersson sprach nach der Abstimmung von einem "historischen Tag". "Die Parlamente aller Nato-Mitgliedstaaten haben nun für den schwedischen Beitritt zur Nato gestimmt", erklärte er im Onlinedienst X, ehemals Twitter. "Schweden ist bereit, seine Verantwortung für die euro-atlantische Sicherheit zu übernehmen."
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte das Votum. Schweden werde damit als 32. Land in die Allianz aufgenommen, schrieb der Norweger bei X. "Schwedens Mitgliedschaft macht uns alle stärker und sicherer", betonte Stoltenberg.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte auf X: "Der Weg für Schweden in die Nato ist frei – das ist ein Gewinn für uns alle. Die Entscheidung stärkt unser Verteidigungsbündnis und damit die Sicherheit Europas und der Welt."
Es wird erwartet, dass der ungarische Präsident das Beitrittsprotokoll in den kommenden Tagen unterzeichnet. Anschließend kann Schweden dann seine Beitrittsurkunde in Washington hinterlegen, um offiziell als 32. Mitglied in das Militärbündnis aufgenommen zu werden.
Ungarn hatte zwar zunächst erklärt, es unterstütze den schwedischen Beitritt grundsätzlich - hielt den Beitrittskandidaten dann jedoch monatelang hin, unter anderem mit der Begründung, Schweden "verunglimpfe" die ungarische Regierung und werfe ihr Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit vor.
Orban lobte vor der Abstimmung im Parlament den Besuch des schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson in Budapest am Freitag, bei dem eine Verstärkung der militärischen Zusammenarbeit beider Länder vereinbart wurde. Demnach bekommt Ungarn vier weitere Kampfflugzeuge aus schwedischer Produktion. Laut Orban werde dies "eine Phase abschließen und eine neue einleiten".
Im ungarischen Rundfunk hatte Orban zuvor erklärt, es müssten noch "einige offene militärische und rüstungspolitische Fragen" geklärt werden, bevor das ungarische Parlament die Ratifizierung des schwedischen Nato-Beitritts "endgültig besiegeln" könne.
Experten sahen in der Hinhaltetaktik einen Versuch, Zugeständnisse von der EU sowie eine Freigabe von derzeit eingefrorenen EU-Geldern in Milliardenhöhe zu erreichen. Andere sahen darin ein Zeichen für Orbans Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Dem Analysten Mate Szala zufolge standen für den rechtsnationalistischen Regierungschef jedoch vor allem nationale Interessen im Vordergrund. "Er ging so weit wie möglich" und lenkte gerade noch rechtzeitig ein, "um der transatlantischen Gemeinschaft keine ernsthaften Probleme zu bereiten", sagte Szala gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.
Ähnlich habe Orban gehandelt, als er monatelang entscheidende Ukraine-Hilfe blockierte, bevor er Anfang Februar unter dem Druck seiner EU-Partner schließlich nachgab, erklärte der Wissenschaftler von der Ca' Foscari Universität in Venedig. Mit der Haltung wolle er beweisen, dass sein kleines Land mit weniger als zehn Millionen Einwohnern "nicht unterschätzt werden sollte".
Das traditionell blockfreie Schweden hatte im Mai 2022 als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gemeinsam mit dem Nachbarland Finnland eine Mitgliedschaft in dem westlichen Militärbündnis beantragt. Finnland konnte der Nato im April 2023 beitreten, während Schweden wegen der Blockaden der Türkei und Ungarns weiter warten musste.
Ankara hatte Ende Januar grünes Licht für den schwedischen Beitritt gegeben - nachdem es Stockholm zuvor ebenfalls monatelang hingehalten hatte mit der Begründung, es gehe nicht streng genug mit mutmaßlichen Mitgliedern der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) um.
M.Wilson--TNT