EU sichert Ukraine Unterstützung zu - Selenskyj dringt auf Waffenlieferungen
Kurz vor dem zweiten Jahrestag des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den Westen aufgerufen, dringend benötigte Luftabwehrsysteme und Kampfjets schneller zu liefern. "Die wichtigste Sache ist, den Himmel freizugeben", sagte Selenskyj am Freitag im westukrainischen Lwiw. Während die massiven russischen Angriffe auf die Ukraine unvermindert weitergingen, sicherte die Europäische Union Kiew ihre "unerschütterliche" Unterstützung zu.
Die Luftabwehr und "künftige Kampfjets" würden dabei helfen, die russischen Angriffe abzuwehren, sagte Selenskyj in Lwiw bei einer Pressekonferenz mit der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. Der ukrainische Staatschef machte unter anderem die Verzögerungen bei den zugesagten westlichen Lieferungen mitverantwortlich für die gescheiterte ukrainische Gegenoffensive im vergangenen Jahr.
Anlässlich des zweiten Jahrestags des Kriegsbeginns wurden für Samstag mehrere hochrangige Vertreter verbündeter Staaten in der Ukraine erwartet. Dänemarks Regierungschefin Frederiksen war bereits am Freitag in Lwiw eingetroffen. Sie hoffe, dass die ersten von Dänemark zugesagten F-16-Kampfjets "noch vor dem Sommer" in die Ukraine geliefert werden könnten. Die westlichen Länder forderte Frederiksen auf, der Ukraine "mehr zu geben".
Dänemark hatte am Vortag eine bilaterale Sicherheitsvereinbarung mit Kiew geschlossen, am Freitag kündigten auch die Niederlande eine solche Vereinbarung mit einer Laufzeit von zehn Jahren an. Nach Angaben des niederländischen Außenministeriums soll das bilaterale Abkommen "bald" unterzeichnet werden.
Unterdessen stellte sich die EU weiter geschlossen hinter die Ukraine. "Mehr als je zuvor bleiben wir geeint und unserem Versprechen treu, die Ukraine zu unterstützen, solange es nötig ist", erklärten Kommissionschefin Ursula von der Leyen, Ratspräsident Charles Michel und EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola am Freitag. Die EU werde ihre "starke und unerschütterliche politische, militärische, finanzielle, wirtschaftliche, diplomatische und humanitäre Unterstützung fortsetzen". Auch von der Leyen sollte am Samstag nach Kiew reisen.
Unterdessen nahm die russische Armee auch am Freitag das Nachbarland massiv unter Beschuss. Der ukrainische Generalstab meldete nächtliche russische Angriffe mit Drohnen und Raketen. In der südukrainischen Stadt Odessa wurden nach Polizeiangaben in der Nacht drei Menschen getötet.
In der Gegend um die ostukrainische Stadt Marjinka in der Region Donezk habe Russland binnen eines Tages 43 Mal versucht, die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen, erklärte der ukrainische Generalstab. Russland hatte das vollständig zerstörte Marjinka im Dezember eingenommen, danach war die Front dort weitgehend eingefroren. In den vergangenen Tagen hatte Russland aber seine Angriffe in Richtung Westen verstärkt.
Der ukrainischen Armee sei es aber gelungen, mehrere Stellungen nahe Marjinka und der in der vergangenen Woche von Russland eingenommenen Stadt Awdijiwka zurückzuerobern, erklärte Armeesprecher Dmytro Lychowij. Nahe Bachmut seien weitere 16, nahe Lyman 14 Vorstöße festgestellt worden.
Aus der Region um die zentralukrainische Stadt Dnipropetrowsk meldete Gouverneur Serhij Lysak eine "Horrornacht". Rettungskräfte durchsuchten die Trümmer eines schwer beschädigten Gebäudes, in dem die Wohnungen "vollkommen zerstört" worden seien. Der ukrainischen Luftabwehr gelang es nach Angaben der Luftwaffe, 23 von 31 von Russland abgeschossenen Schahed-Drohnen iranischer Bauart abzufangen.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba prangerte Russland vor der UN-Generalversammlung in New York dafür an, "den Willen der globalen Mehrheit" zu ignorieren. "Es setzt seine Aggression fort und wirft immer mehr Menschen in die Flammen des Krieges", sagte Kuleba. Die Verschlechterung der globalen Sicherheit habe auch mit dem Krieg in der Ukraine zu tun, sagte Kuleba. "Immer mehr Kriege und Konflikte flammen überall auf der Welt auf. Einer der Gründe dafür ist die blutende Wunde im Herzen Europas."
Der russische Präsident Wladimir Putin pries unterdessen vor dem zweiten Jahrestag der Invasion in einer Videobotschaft die "echten Helden des Volks", die in der Ukraine kämpften. In seiner Ansprache zum jährlich in Russland begangenen "Tag des Verteidigers des Vaterlands" hob Putin hervor, dass die "Militär- und Industriekomplexe" sowohl die Waffenproduktion als auch die Versorgung der Truppen "um ein Vielfaches gesteigert" hätten.
Der Beginn der russischen Invasion jährt sich am Samstag zum zweiten Mal. Nach mehr als einem Jahr festgefahrener Kämpfe geht Moskau vor allem in der Ostukraine wieder in die Offensive. Die ukrainischen Soldaten leiden unterdessen zunehmend unter Munitionsmangel - unter anderem wegen der Verzögerung weiterer Militärhilfe aus den USA, die durch die oppositionellen Republikaner im Kongress blockiert werden. Der Chef der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, besuchte am Freitag Lwiw und erklärte, die USA stünden an der Seite des ukrainischen Volkes.
V.Bennett--TNT