Wikileaks-Gründer fehlt auch am zweiten Tag der Anhörung zu einer Auslieferung
Wikileaks-Gründer Julian Assange ist auch am zweiten Tag des womöglich entscheidenden Gerichtsverfahrens um seine Auslieferung an die USA der Anhörung in London ferngeblieben. Er verfolgte die Anhörung auch nicht per Video, weil er krank ist, wie sein Anwalt schon am Dienstag mitgeteilt hatte. Am Mittwoch trugen vor dem Londoner High Court Vertreter der US-Regierung ihre Argumente vor. Assange drohen bei einer Auslieferung in den USA bis zu 175 Jahre Haft.
Die Richter sollen darüber entscheiden, ob Assange doch noch das Recht erhält, gegen eine mögliche Auslieferung an die USA in Großbritannien Berufung einzulegen. Ein Urteil wird erst später erwartet, das genaue Datum der Urteilsverkündung muss erst noch bekannt gegeben werden. Vor dem Gerichtsgebäude versammelten sich erneut mehrere dutzend Anhänger von Assange, um ihre Unterstützung für den 52-Jährigen kundzutun.
Sollten die Richter entscheiden, dass Assanges Rechtsmittel in Großbritannien gegen seine Auslieferung ausgeschöpft sind, befürchten seine Angehörigen eine schnelle Auslieferung an die USA. Assanges Unterstützer wollen in diesem Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ziehen, um die Auslieferung aussetzen zu lassen.
Assange wird in den USA beschuldigt, ab 2010 rund 700.000 vertrauliche Dokumente über militärische und diplomatische Aktivitäten der USA veröffentlicht zu haben. Die Papiere enthielten brisante Informationen über Kriege vor allem im Irak und in Afghanistan, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen.
Assanges Anwalt Edward Fitzgerald hatte sich am Dienstag darauf berufen, dass sein Mandant lediglich journalistische Arbeit geleistet habe, als er vertrauliche US-Dokumente veröffentlicht hatte. Er warf den USA "politische" Strafverfolgung nach der Enthüllung "schwerer Staatskriminalität" vor.
Die Verteidigung argumentierte, dass vorangegangene Verfahren, die Assange verloren hatte, "Rechtsfehler" enthielten. Zudem sei die drohende jahrzehntelange Strafe "unverhältnismäßig".
Die Anwältin der US-Regierung, Clair Dobbin, erklärte am Mittwoch, die Anklage beruhe "auf Rechtsstaatlichkeit und Beweisen", Assanges Handlungen seien "beispiellos" gewesen. Er habe "wahllos und wissentlich die Namen von Menschen veröffentlicht, die als Informationsquellen für die USA fungierten", sagte sie. Dies unterscheide ihn von anderen Medienorganisationen.
Das Verfahren wird international mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin verwies auf Anfrage auf eine "Diskrepanz" zwischen "unserem Rechtsverständnis und dem der USA". Handlungen wie die von Assange seien "in unserem System nicht strafbewehrt". Diese Haltung vertrete Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die vor ihrem Amtsantritt die Freilassung Assanges gefordert hatte, auch in Gesprächen mit ausländischen Kollegen.
Assanges Angehörige hatten mit Blick auf eine drohende Auslieferung in den vergangenen Wochen vor einer Verschlechterung seines Gesundheitszustands gewarnt. Seine Anwälte wiesen zudem auf eine mögliche Suizidgefahr hin. Assange ist sich bereits seit zwölf Jahren eingesperrt - sieben Jahre lang fand er Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London, weitere fünf Jahre verbrachte er im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh.
A.Little--TNT