Nachricht vom Tod Nawalnys prägt Auftakt zur Sicherheitskonferenz
Die Nachricht vom Tod des in Haft gestorbenen Kremlkritikers Alexej Nawalny hat am Freitag den Auftakt der 60. Münchner Sicherheitskonferenz (MSK) geprägt. Nur Stunden nach Bekanntwerden des Todes Nawalnys zeigte sich dessen Frau Julia auf dem Treffen und rief dazu auf, den russischen Staatschef Wladimir Putin "persönlich für alle Gräueltaten zur Rechenschaft" zu ziehen. In Berlin unterzeichneten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj unterdessen eine bilaterale Sicherheitsvereinbarung.
Zuvor hatte Konferenzleiter Christoph Heusgen dem russischen Oppositionspolitiker bei der Eröffnung des Treffens im Hotel Bayerischer Hof gedacht. "Ein sehr besonderer Mann, unsere Gedanken sind heute bei seiner Frau und seinen Kindern", sagte er auf Englisch.
Schließlich sprach Julia Nawalnaja auf der Hauptbühne der Sicherheitskonferenz selbst zum Publikum: Putin und seine Verbündeten sollten "bestraft werden für das, was sie unserem Land, meiner Familie und meinem Mann angetan haben", sagte sie. "Wir sollten heute gegen dieses schreckliche Regime in Russland kämpfen."
Sie habe überlegt, ob sie aus München abreisen solle, und sich dann gefragt, was ihr Mann Alexej getan hätte, sagte Nawalnaja. "Und ich bin sicher: Er hätte hier auf dieser Bühne gestanden."
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zeigte sich angesichts der Todesnachricht "zutiefst schockiert". Es gebe "nur eine Antwort auf diese Nachricht, nämlich die Geschlossenheit des Westens im Abwehrkampf der Ukraine", sagte er am Rande der Konferenz.
Das diesjährige Treffen in München findet unter anderem vor dem Hintergrund der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten statt. "Menschliches Leid auf der ganzen Welt existiert in einem Ausmaß, wie das meine Generation wahrscheinlich noch nie gesehen hat", sagte Konferenzleiter Heusgen, und zählte unter anderem auch den Sudan, den Jemen, Haiti und Afghanistan als Schauplätze des Leids auf. Viele Herausforderungen seien menschengemacht und könnten daher auch von Menschen beeinflusst werden, fuhr Heusgen fort.
Er verwies auf die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit für den Frieden: "Grundlage einer friedlichen Zukunft kann nur in Rechtsstaatlichkeit und Versöhnung liegen, niemals in der Rache". So habe sich Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg erholen können. "Entweder überleben wir dank der Stärke des Rechts - oder wir gehen alle unter, wenn das Recht des Stärkeren siegt", sagte Heusgen weiter.
Unterdessen traf am Freitag der ukrainische Präsident Selenskyj in Berlin ein, wo er mit Scholz im Kanzleramt eine bilaterale Sicherheitsvereinbarung unterzeichnete. "Das Dokument kann in seiner Bedeutung kaum überschätzt werden", sagte Scholz an der Seite Selenskyjs.
Selenskyj dankte Scholz für die Unterstützung Deutschlands und nannte die Sicherheitsvereinbarung "beispiellos". Diese stehe sinnbildlich für die "zentrale Rolle Deutschlands bei der Aufrechterhaltung der Normalität in Europa und der Welt".
Der ukrainische Präsident und der Bundeskanzler werden am Samstag bei der Sicherheitskonferenz erwartet. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kam bereits am Freitag in München an und beriet sich unter anderem mit ihrem indischen Amtskollegen Subrahmanyam Jaishankar. Nach AFP-Informationen sprachen die beiden über die Zusammenarbeit zwischen Indien und Deutschland, aber auch über die Lage in Nahost und den russischen Krieg in der Ukraine.
Am diesjährigen Treffen in München nehmen mehr als 180 hochrangige Regierungsvertreter teil - unter ihnen auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris. Die Demokratin versicherte der Konferenz am Freitag, dass die USA weiter eine Führungsrolle einnehmen würden. "Wir müssen an der Seite unserer Verbündeten stehen, und das ist es, was die Ideale Amerikas ausmacht", sagte Harris. Die USA könnten sich in diesen Zeiten nicht zurückziehen, sondern müssten für die Demokratie eintreten. "Amerika wird weiterhin die Führung übernehmen", erklärte sie.
Hauptthemen bei der bis Sonntag dauernden Konferenz werden neben dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und dem Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen auch Konflikte in Ostafrika sowie die Stärke des internationalen Rechts als Grundlage des Zusammenlebens, eine mögliche Reform des UN-Sicherheitsrats sowie das Thema Klimasicherheit.
M.Davis--TNT