Selenskyj will in Berlin und Paris um weitere militärische Unterstützung werben
Vor dem Hintergrund der schwierigen Lage der Ukraine im Krieg gegen Russland besucht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitag Deutschland und Frankreich, um mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron über weitere Hilfen zu sprechen. Selenskyj werde zudem am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz auftreten, kündigte sein Büro in Kiew am Donnerstag an. Die französische Präsidentschaft teilte mit, Selenskyj und Macron würden bei ihrem Treffen ein bilaterales Sicherheitsabkommen unterzeichnen. Ähnliches wird für Berlin erwartet. Großbritannien kündigte indes eine "Drohnen-Koalition" für die Ukraine an.
Die französisch-ukrainische Sicherheitsvereinbarung folge "den Verpflichtungen, die im G7-Format am Rande des Nato-Gipfels in Vilnius im Juli 2023 eingegangen" worden seien, hieß es aus dem Elysée-Palast mit Blick auf das geplante Abkommen. In Vilnius hatten die G7-Staaten sich gegenüber Kiew zur Ausarbeitung von Sicherheitsgarantien für die Zeit nach dem Krieg gegen Russland verpflichtet. Frankreich bekräftige damit seine "Entschlossenheit, der Ukraine und dem ukrainischen Volk auf Dauer und mit allen seinen Partnern weiterhin eine unerschütterliche Unterstützung zu gewähren", betonte der Elysée-Palast - fast zwei Jahre nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine am 24. Februar 2022.
Die in Vilnius zugesagten Verpflichtungen hatte Großbritannien als ersten G7-Land Mitte Januar umgesetzt und ein entsprechendes bilaterales Abkommen unterzeichnet. Es wird erwartet, dass bei dem Treffen Selenskyjs mit Scholz in Berlin ebenfalls ein Sicherheitsabkommen unterzeichnet wird. Auch andere Länder - von Polen bis Skandinavien - haben sich der G7-Initiative angeschlossen.
Es handelt sich bereits um den dritte Frankreich-Besuch des ukrainischen Präsidenten seit Beginn des Krieges. Macron plant nach eigenen Angaben seinerseits bald einen Besuch in der Ukraine. Der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu versicherte am Donnerstag vor einem Nato-Treffen in Brüssel, Frankreich werde das Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Verteidigung auszugeben, noch im Jahr 2024 erreichen. Nach Angaben der Nato geben in diesem Jahr 18 der 31 Mitglieder mindestens zwei Prozent des BIP für Verteidigung aus, auch Deutschland zählt dazu.
Im Januar hatten Frankreich, Deutschland und mehr als 20 weitere Länder in Paris eine Artillerie-Koalition gestartet, um die Ukraine im Krieg gegen Russland zu stärken. Dafür müssen die Alliierten die Produktion von Kanonen und Munition erhöhen. Frankreich kündigte an, unter anderem zwölf zusätzliche Haubitzen vom Typ Caesar für die Ukraine zu finanzieren.
Scholz hatte im niedersächsischen Unterlüß am Montag den Spatenstich für eine neue Munitionsfabrik des Rüstungskonzerns Rheinmetall gesetzt. Das Werk soll jährlich 200.000 Schuss Artilleriemunition herstellen. Europaweit soll Rheinmetall seine Produktion bis 2025 auf bis zu 700.000 Artilleriegranaten pro Jahr herauffahren.
Großbritannien kündigte unterdessen an, gemeinsam mit Lettland eine internationale "Drohnen-Koalition" anführen zu wollen, die der Ukraine Tausende unbemannte Luftfahrzeugen liefern soll. Bereits im vergangenen Monat hatte London erklärt, es werde 200 Millionen Pfund (rund 234 Millionen Euro) bereitstellen - für "das größte Paket von Drohnen, das je eine Nation an die Ukraine geliefert hat". Das Projekt solle die Ukraine in die Lage versetzen, "sich zu verteidigen und den Krieg zu gewinnen", erklärte der britische Verteidigungsminister Grant Shapps.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte sich besorgt über die derzeit ausbleibenden US-Militärhilfen für die Ukraine geäußert. Die Blockade der milliardenschweren Hilfen im Kongress wirke sich bereits jetzt aus, sagte er. Nach Angaben der US-Regierung geht den ukrainischen Soldaten an der Front teils schon die Munition aus; die russische Armee setzt die Ukrainer im Osten und Süden des Landes schwer unter Druck. Vor diesem Hintergrund hat die Ukraine die EU aufgefordert, die Lieferungen von Munition zu erhöhen und "langfristige Verträge mit ukrainischen Rüstungsunternehmen" abzuschließen.
Der Krieg in der Ukraine, aber auch der Gazakrieg werden im Mittelpunkt der 60. Sicherheitskonferenz in München am Wochenende stehen. Selenskyj kündigte an, am Samstag in München sprechen zu wollen. Sein Büro teilte am Donnerstag mit, er werde dort auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris treffen. Für Selenskyj ist die Konferenz eine Gelegenheit, gegen eine womöglich drohende Kriegsmüdigkeit bei den Verbündeten zu wirken.
Die Ukraine bemüht sich seit längerer Zeit um eine Nato-Mitgliedschaft. Nach dem Angriff Russlands stellte Kiew einen beschleunigten Antrag auf Aufnahme in das Verteidigungsbündnis. Die Nato lehnt Beitrittsverhandlungen bisher jedoch mit Verweis auf ein Andauern des Krieges ab.
G.Morris--TNT