Kiew: Russisches Kriegsschiff zerstört - Armeechef nennt Lage an Front "äußerst komplex"
Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben bei einem Angriff im Schwarzen Meer erneut ein russisches Kriegsschiff zerstört. Das Landungsschiff "Caesar Kunikow" sei vor der Küste der von Moskau annektierten Halbinsel Krim attackiert worden, teilte die ukrainische Armee am Mittwoch im Onlinedienst Telegram mit. Der neue ukrainische Armeechef Oleksandr Syrskyj bezeichnete die Lage in der Ostukraine bei einem Truppenbesuch an der Front als "äußerst komplex und belastend".
Bei dem Angriff auf das russische Kriegsschiff vor der Küste der von Moskau annektierten Krim seien Löcher in den Rumpf des Schiffes gerissen worden, das anschließend "begann zu sinken", erklärte der ukrainische Militärgeheimdienst HUR. Der Geheimdienst veröffentlichte Videoaufnahmen, auf denen zu sehen ist, wie sich eine Marinedrohne dem russischen Schiff nähert, bevor eine Explosion und ein großes Feuer zu sehen sind.
Nach Angaben des HUR bietet die "Caesar Kunikow", die 2008 während des russischen Angriffs auf Georgien und im Syrien-Krieg im Einsatz gewesen sei, 87 Besatzungsmitgliedern Platz. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow lehnte eine Stellungnahme zu dem Angriff auf das Kriegsschiff ab. Auch das russische Verteidigungsministerium äußerte sich nicht dazu. Moskau räumt ohnehin sehr selten Verluste im Krieg gegen die Ukraine ein.
Russische Militärblogger mit Verbindungen zur Armee erklärten jedoch, es sei wahrscheinlich, dass das Schiff von ukrainischen Streitkräften getroffen worden sei. Das Ausmaß der Schäden sei aber unbekannt, hieß es im Telegram-Kanal Rybar.
Die Ukraine greift immer wieder militärische Ziele auf der Krim an. Bereits im Dezember hatten die ukrainischen Streitkräfte im Hafen von Feodossija nach eigenen Angaben ein Kriegsschiff der russischen Schwarzmeerflotte zerstört - Moskau sprach dagegen lediglich von einer "Beschädigung" des Landungsschiffs "Nowotscherkassk".
Ein spektakulärer ukrainischer Angriff auf das Hauptquartier der russischen Flotte in Sewastopol im September hatte Moskau dazu gezwungen, seine Schiffe weiter Richtung Osten zu verlegen. Bereits im April 2022, zwei Monate nach Beginn des russischen Angriffskrieges, hatten die ukrainischen Streitkräfte das Herzstück der russischen Schwarzmeerflotte, den Raketenkreuzer "Moskwa", versenkt.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach am Mittwoch von einem "großen Erfolg" für die ukrainischen Streitkräfte im Schwarzen Meer. Die Ukraine habe der russischen Marine dort "schwere Verluste" zugefügt, sagte Stoltenberg und sprach von einem "großen Erfolg" für die ukrainischen Streitkräfte, ohne dabei direkt auf den Angriff auf die "Caesar Kunikow" einzugehen.
Der neue ukrainische Armeechef Syrskyj machte sich unterdessen ein Bild von der Lage an der Front in der Ostukraine. "Das operative Umfeld ist äußerst komplex und belastend", erklärte Syrskyj nach einem gemeinsamen Truppenbesuch mit Verteidigungsminister Rustem Umerow im Onlinedienst Telegram. "Die russischen Besatzer verstärken weiterhin ihre Bemühungen und haben einen zahlenmäßigen Vorsprung an Personal", fügte er hinzu. Es war Syrskyjs erster Besuch an der Front seit seiner Ernennung zum Armeechef Anfang Februar.
Moskau versucht seit Oktober, die ostukrainische Industriestadt Awdijiwka in der Region Donezk einzukreisen. Donezk ist eine von insgesamt vier Regionen, die der Kreml 2022 für annektiert erklärt hatte. Nach ukrainischen Angaben hat Russland rund um Awdijiwka 50.000 Soldaten zusammengezogen.
"Wir tun alles, um den Feind daran zu hindern, tief in unser Gebiet vorzudringen, und um unsere Stellungen zu halten", erklärte Syrskyj. Gemeinsam mit Umerow besuchte der Armeechef auch die ukrainischen Truppen weiter nördlich nahe der Stadt Kupjansk in der Region Charkiw, wo russische Streitkräfte den ukrainischen Stellungen zusetzen.
Bei russischen Angriffen in der Nacht zum Mittwoch wurden in der Nähe der ostukrainischen Stadt Donezk nach Angaben der örtlichen Behörden drei Menschen getötet. Bei den Opfern handele es sich um eine 36-jährige Mutter und ihren neunjährigen Sohn sowie eine 38-jährige schwangere Frau, erklärte die Staatsanwaltschaft. Nach Angaben der örtlichen Behörden wurden bei den Raketenangriffen neun Wohnhäuser und ein Krankenhaus in der Stadt Selydowe getroffen.
A.M.Murray--TNT