Israel verstärkt Angriffe auf Rafah - neue Verhandlungsrunde in Ägypten
Im Krieg mit der radikalislamischen Hamas hat die israelische Armee ihre Angriffe auf die Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen verstärkt. Wie ein AFP-Reporter berichtete, führte das Militär in der Nacht zum Donnerstag sieben Luftangriffe auf die Stadt aus, in der sich zahlreiche palästinensische Binnenflüchtlinge aufhalten. Am Vortag hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Ausweitung des Militäreinsatzes in Rafah angekündigt. US-Außenminister Antony Blinken forderte Israel auf, die Bevölkerung im Gazastreifen nicht zu "entmenschlichen".
Nach Angaben der Hamas wurde in Rafah unter anderem das Haus eines örtlichen Polizeichefs von Beschuss getroffen. Das Hamas-Gesundheitsministerium gab an, über Nacht seien insgesamt 109 Menschen getötet worden.
Die israelische Armee hingegen erklärte am Donnerstag, dass sie sowohl im Norden als auch im Süden des Gazastreifens im Einsatz sei und 30 "Terroristen"in dem Palästinensergebiet getötet habe. "Zwei Terroristen, die am Massaker vom 7. Oktober beteiligt waren", sowie ein Hamas-Mitglied seien festgenommen worden.
Netanjahu hatte am Vortag eine Ausweitung des Militäreinsatzes im südlichen Gazastreifen angeordnet. Die israelischen Streitkräfte seien angewiesen worden, einen Einsatz in Rafah sowie in zwei Flüchtlingslagern "vorzubereiten", sagte er in einer Fernsehansprache.
Bereits in der vergangen Woche hatte Israels Verteidigungsminister Joav Gallant eine Ausweitung des Bodeneinsatzes auf Rafah angekündigt. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte erklärt, dies sei "nicht zu rechtfertigen". UN-Generalsekretär António Guterres sagte am Mittwoch, ein Vorstoß Israels nach Rafah würde den bestehenden "humanitären Albtraum mit unabsehbaren regionalen Folgen exponentiell vergrößern".
Nach UN-Angaben halten sich in der einst 200.000 Einwohner zählenden Stadt inzwischen mehr als 1,3 Millionen palästinensische Binnenflüchtlinge auf. Laut Netanjahu befinden sich in dem Gebiet die "letzten verbliebenen Bastionen der Hamas".
US-Außenminister Antony Blinken äußerte sich besorgt in Bezug auf Rafah. Er erklärte in Tel Aviv vor Reportern, dass jeder israelische Militäreinsatz "zuallererst die Zivilisten im Auge haben" müsse.
"Die Israelis wurden am 7. Oktober auf schrecklichstmögliche Art entmenschlicht. Seitdem werden die Geiseln jeden Tag entmenschlicht", sagte Blinken überdies. "Aber das kann kein Freibrief sein, andere zu entmenschlichen. Die überwältigende Mehrheit der Menschen in Gaza hatte mit den Angriffen am 7. Oktober nichts zu tun."
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas dauert mittlerweile vier Monate an. Am 7. Oktober hatten Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas und weiterer militanter Palästinensergruppen Israel überfallen und zahlreiche Massaker verübt. Sie töteten israelischen Angaben zufolge etwa 1160 Menschen, darunter viele Zivilisten.
Rund 250 Menschen wurden zudem als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israelischen Angaben zufolge befinden sich nach wie vor 132 Geiseln in der Gewalt der Hamas, von denen 29 mutmaßlich bereits tot sind.
Als Reaktion auf den Angriff schwor Israel, die Hamas zu vernichten und startete einen massiven Militäreinsatz in dem Palästinensergebiet. Nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seit dem Beginn der israelischen Offensive mehr als 27.800 Menschen im Gazastreifen getötet.
Ende November waren im Zuge einer von Katar, Ägypten und den USA vermittelten einwöchigen Feuerpause mehr als hundert der von der Hamas verschleppten Geiseln im Gegenzug zu 240 palästinensischen Gefängnisinsassen freigekommen.
Im Bemühen um eine erneute Vereinbarung sollte am Donnerstag im ägyptischen Kairo eine neue Gesprächsrunde starten. Ägypten appelliere an "beide Seiten, die nötige Flexibilität" für ein Abkommen über "Ruhe" im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln und Inhaftierten zu erreichen, sagte ein Vertreter Kairos der AFP.
A.M.Owen--TNT