Wahlen in Pakistan von Gewalt überschattet - mindestens sieben Sicherheitskräfte getötet
In Pakistan sind am Donnerstag überschattet von Gewalt und Manipulationsvorwürfen ein neues Parlament und vier Provinzversammlungen gewählt worden. Rund 128 Millionen Menschen in der von einer Wirtschaftskrise geplagten asiatischen Atommacht waren zur Stimmabgabe aufgerufen, die Wahllokale schlossen um 17.00 Uhr (Ortszeit; 13.00 Uhr MEZ). Am Wahltag wurden bei zwei Angriffen mindestens sieben Sicherheitskräfte getötet - bereits am Vortag waren bei Anschlägen mindestens 28 Menschen getötet worden. Die Behörden schalteten das Mobilfunknetz ab.
In Kulachi im Distrikt Dera Ismail Khan im Nordwesten des Landes wurden Sicherheitskräfte während einer Patrouille angegriffen, wie die Polizei am Donnerstag mitteilte. Vier Polizeibeamte und ein Vertreter der Grenztruppen seien getötet, drei weitere Polizeibeamte seien verletzt worden, erklärte ein ranghoher Polizeibeamter in der Region.
In der Provinz Balutschistan wurden örtlichen Polizeiangaben zufolge bei einer Explosion in der Nähe eines Wahllokals in der Stadt Lajja zwei Sicherheitsbeamte getötet und neun weitere verletzt. In der Hafenstadt Gwadar seien durch "kleinere Explosionen" zwei Menschen verletzt worden.
Mehr als 650.000 Armeeangehörige, paramilitärische Kräfte und Polizisten sollten die Sicherheit bei den Wahlen gewährleisten. Insgesamt hatten sich fast 18.000 Kandidaten für die Wahlen in den mehr als 90.000 Wahllokalen aufstellen lassen. Meinungsforscher gingen von einer niedrigen Beteiligung aus.
Der populäre Ex-Regierungschef Imran Khan war in der vergangenen Woche wegen Hochverrats, Bestechung sowie einer illegalen Ehe zu langen Haftstrafen verurteilt worden und sitzt im Gefängnis. Auch ein Großteil seiner Parteikollegen ist von der Wahl ausgeschlossen.
Der Wahlkampf war von Khans Inhaftierung und der Behinderung seiner Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) durch das vom Militär geführte Establishment überschattet worden. Somit scheint das Feld für eine vierte Amtszeit von Premierminister Nawaz Sharif und seiner konservativen Partei Muslimliga-Nawaz (PML-N) bestellt. Beobachtern zufolge hat der 74-Jährige auch die Unterstützung des mächtigen Militärs.
Sharif ist einer der reichsten Männer des Landes und führte bereits drei Mal eine Regierung in Islamabad an, absolvierte jedoch nie eine volle Amtszeit und verbrachte nach einer Verurteilung in mehreren Bestechungsfällen Jahre im Gefängnis und im Exil im Ausland. Erst im vergangenen Oktober kehrte er in sein Heimatland zurück.
Er habe Bedenken, ob seine Stimme "für die Partei gezählt wird, für die ich sie abgegeben habe", sagte Syed Tassawar, ein 39-jähriger Bauarbeiter, der Nachrichtenagentur AFP. "Wir brauchen eine Regierung, die die Inflation unter Kontrolle halten kann", betonte er. Haleema Shafiq, eine 22-jährige Psychologiestudentin in Islamabad, sagte: "Ich glaube an die Demokratie. Ich möchte eine Regierung, die Pakistan für Mädchen sicherer macht."
Einen Tag vor der Wahl war Pakistan von zwei Bombenanschlägen vor den Büros von Kandidaten im Südwesten des Landes erschüttert worden, zu denen sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannte. Mindestens 28 Menschen wurden getötet, mehr als 30 verletzt.
Um "Recht und Ordnung" aufrechtzuerhalten, entschieden die Behörden, den Mobilfunk im Land auszuschalten. Dies solle "vorübergehend" gelten, erklärte ein Sprecher des Innenministeriums. Die Internetüberwachungsseite NetBlocks bestätigte eine Unterbrechung bei den Mobilfunk- und Internetdiensten und bezeichnete den Schritt als "von Natur aus undemokratisch".
Die Anwältin Nighat Dad von einer gemeinnützigen Stiftung für Digitale Rechte bezeichnete die Abschaltung als "Angriff auf die demokratischen Rechte der Pakistaner". Dies sei "keine Lösung für nationale Sicherheitsbedenken", sagte sie. Die Wähler sind für die Bestätigung des ihnen zugeteilte Wahllokals auf einen Textnachrichtendienst angewiesen.
Das Außenministerium erklärte, aus Sicherheitsgründen würden am Donnerstag die Landgrenzen zu den Nachbarländern Iran und Afghanistan für den gesamten Verkehr geschlossen.
Die Atommacht Pakistan ist mit 240 Millionen Menschen das fünftbevölkerungsreichste Land der Welt und steckt wirtschaftlich in der Krise. Die Inflation liegt bei rund 30 Prozent und die Rupie befindet sich seit drei Jahren im freien Fall.
N.Johns--TNT