Regierungschefs von Großbritannien und Irland treffen in Belfast auf neue Regionalchefinnen
Anlässlich des Endes einer zweijährigen politischen Blockade in Nordirland haben sich die Regierungschefs Großbritanniens und Irlands am Montag mit der neuen Regionalführung in Belfast getroffen. Der britische Premier Rishi Sunak und sein irischer Kollege Leo Varadkar trafen am Montagmorgen die nordirische Regierungschefin Michelle O'Neill von der irisch-nationalistischen Sinn-Fein-Partei und Vize-Regierungschefin Emma Little-Pengelly von der pro-britischen DUP.
"Es hat viel harte Arbeit und auch Mut gekostet, uns an diesen Tisch zu bringen", sagte Sunak. "Heute ist nicht das Ende. Es ist der Anfang, und die richtige Arbeit beginnt jetzt."
Am Samstag war das Parlament der britischen Region erstmals nach langem politischen Stillstand wieder zusammengetreten und hatte O'Neill zur Regierungschefin gewählt. Zuvor hatte die pro-britische Partei DUP ihre Blockade des Parlaments aufgegeben.
Die Regionalregierung in Belfast muss gemäß dem Friedensabkommen von 1998 von katholischen Nationalisten und protestantischen Unionisten gemeinsam geführt werden. Sunaks Büro gab an, er werde sich mit O'Neil und Little-Pengelly treffen, um "ihre unmittelbaren Pläne für die Umsetzung zu besprechen".
Seit Februar 2022 war Nordirland ohne arbeitsfähige Regierung geblieben, weil die DUP aus Protest gegen das Nordirland-Protokoll im Brexit-Abkommen eine Beteiligung an der Exekutive verweigerte und das Parlament blockierte. Doch vor wenigen Tagen verkündete die DUP, dass sie ein Abkommen mit der britischen Regierung über die Anwendung der Post-Brexit-Regeln gebilligt habe. Damit machte sie den Weg frei für die Parlamentssitzung und somit für die Regierungsbildung.
Die britische Regierung hatte auch ein Hilfspaket von 3,3 Milliarden Pfund (etwa 3,5 Milliarden Euro) für Nordirland angeboten, um die Finanzen der Region zu stabilisieren und Lohnforderungen im öffentlichen Sektor zu begleichen. Das sei eine "großzügige und faire Lösung", sagte Sunak. Doch es wird erwartet, dass die nordirische Führungsriege auf mehr drängen wird. "Es geht darum, sicherzustellen, dass die öffentlichen Finanzen in Nordirland auf lange Sicht nachhaltig sind."
Erstmals seit das nordirische Parlament infolge des Karfreitagsabkommens wiederhergestellt wurde, hat mit O'Neill eine irisch-nationalistische Politikerin das Amt der Regierungschefin inne. Die 47-Jährige fasste am Sonntag gleich ein äußerst heißes Eisen an: Sie könne sich ein Referendum über eine Wiedervereinigung mit Irland innerhalb von zehn Jahren vorstellen, sagte sie am Sonntag in einem Fernsehinterview. Derartige Bestrebungen werden von den Protestanten im Land und der DUP vehement abgelehnt.
Das Karfreitagsabkommen beendete drei Jahrzehnte der Gewalt zwischen Unionisten, die hauptsächlich protestantisch sind, und den vornehmlich katholischen Republikanern. Das Abkommen sieht vor, dass die britische und die irische Regierung ein Referendum über eine Wiedervereinigung mit Irland organisieren sollen, wenn sich herausstellt, dass "eine Mehrheit der Abstimmenden den Wunsch" nach einer Abspaltung Nordirlands vom Vereinigten Königreich äußern würde. Der genaue Mechanismus dafür wurde nie festgelegt - aber als Auslöser für die Einleitung einer solchen Abstimmung werden zuverlässige Umfragen gesehen.
Sunaks Regierung veröffentlichte als Teil ihrer jüngsten Vereinbarung mit der DUP ein Papier, nach dem London angesichts aktueller Umfragewerte "keine realistische Aussicht" auf ein solches Referendum sieht. O'Neill erklärte sich mit dieser Einschätzung nicht einverstanden.
Q.Marshall--TNT