Ringen um Abkommen: Blinken zu neuen Krisengesprächen im Nahen Osten eingetroffen
Im zähen Ringen um ein neues Abkommen zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas ist US-Außenminister Antony Blinken am Montag zu weiteren Krisengesprächen im Nahen Osten eingetroffen. Das Flugzeug des US-Außenministers sei am Montag in Riad gelandet, berichtete ein mitreisender AFP-Journalist. Neben der Freilassung der israelischen Geiseln im Gegenzug zu einer Feuerpause im Gazastreifen geht es Blinken dabei auch um die "humanitären Bedürfnisse" in dem Palästinensergebiet. Derweil ging die israelische Armee im Gazastreifen weiter gegen Hamas-Ziele vor.
Es ist bereits Blinkens fünfte Nahost-Reise seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der Hamas. Nach seinem Besuch in Saudi-Arabien wird Blinken nach Angaben des US-Außenministeriums die Vermittler-Länder Katar und Ägypten sowie Israel und das besetzte Westjordanland besuchen.
Blinken werde "seine diplomatischen Bemühungen fortsetzen, um eine Einigung zu erzielen, die die Freilassung aller verbleibenden Geiseln sicherstellt und eine humanitäre Pause beinhaltet, um eine nachhaltige und verstärkte Bereitstellung humanitärer Hilfe für Zivilisten im Gazastreifen zu ermöglichen", sagte Ministeriumssprecher Matthew Miller.
Nach gut vier Monaten Krieg wächst international der Druck auf beide Seiten, ein neues Abkommen zu besiegeln, das von hochrangigen Vertretern der USA, Israels, Ägyptens und Katars Ende Januar in Paris aushandelt worden war. Dabei geht es um eine zunächst sechswöchige Feuerpause, die zu einer Freilassung weiterer Geiseln aus der Gewalt der Hamas führen soll.
Zunächst könnten 35 bis 40 israelische Geiseln im Austausch für 200 bis 300 palästinensische Häftlinge und 200 bis 300 Lkw-Hilfslieferungen für den Gazastreifen freikommen, hieß es aus Hamas-Kreisen. Die Hamas spielt allerdings bei dem vorliegenden Entwurf auf Zeit: Am Samstag erklärte der im libanesischen Exil lebende Hamas-Vertreter Osama Hamdan, seine Organisation brauche mehr Bedenkzeit, um ihre "Position bekannt zu geben".
Ende November waren im Zuge einer von Katar, Ägypten und den USA vermittelten einwöchigen humanitären Feuerpause mehr als hundert der von der Hamas verschleppten Geiseln im Gegenzug für 240 palästinensische Gefängnisinsassen freigekommen.
Unterdessen ging die israelische Armee auch am Montag weiter gegen Hamas-Ziele vor. Augenzeugen berichteten der Nachrichtenagentur AFP von Artilleriebeschuss in den Gebieten östlich von Rafah und Chan Junis im südlichen Gazastreifen, wo Israel die Verstecke hochrangiger Hamas-Funktionäre vermutet.
Am Sonntag hatte die israelische Armee nach eigenen Angaben eine Ausbildungsstätte der Hamas gestürmt, in der sich demnach deren Kämpfer auf den Angriff auf Israel am 7. Oktober vorbereitet hatten. Die Einrichtung in der Hamas-Hochburg Chan Junis verfügte demnach über Modelle israelischer Militärstützpunkte, gepanzerter Fahrzeuge sowie von Zugangspunkten zu Kibbuzen.
Der beispiellose Hamas-Großangriff auf Israel am 7. Oktober hatte den Krieg im Gazastreifen ausgelöst. Israelischen Angaben zufolge hatten Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas und weiterer militanter Palästinensergruppen etwa 1160 Menschen getötet, darunter viele Zivilisten. Rund 250 Menschen wurden zudem als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Als Reaktion auf den Angriff startete Israel einen massiven Militäreinsatz in dem Palästinensergebiet. Nach jüngsten Hamas-Angaben, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seit dem Beginn der israelischen Offensive mindestens 27.478 Menschen im Gazastreifen getötet.
Derweil warf das in die Kritik geratene Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) der israelischen Marine einen Angriff auf einen Lebensmittelkonvoi vor, der auf dem Weg in den Norden des Gazastreifens war. Der Angriff sei vom Meer aus erfolgt, erklärte am Montag der UNRWA-Chef im Gazastreifen, Thomas White, im Onlinedienst X, vormals Twitter.
Das UNRWA war zuletzt massiv unter Druck geraten, weil zwölf Mitarbeiter im Verdacht stehen, aktiv am Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein. Mehrere Staaten, darunter auch Deutschland, setzen ihre Zahlungen an das Hilfswerk aus. Ein anhaltender Stop der internationalen Finanzierung des UNRWA würde dieses eigenen Angaben zufolge zwingen, seine Aktivitäten "Ende Februar" einzustellen.
Unterdessen forderte Israels Außenminister Israel Katz, den diplomatischen Druck auch auf die Hisbollah im Libanon zu erhöhen. Die Zeit für eine diplomatische Lösung im Südlibanon werde angesichts der zunehmenden Gefechte an Israels Nordgrenze knapp, sagte Katz am Montag nach Angaben seines Ministeriums bei einem Besuch seines französischen Kollegen Stéphane Séjourné. "Israel wird militärisch handeln, um die evakuierten Bürger" in sein nördliches Grenzgebiet zurückzubringen, sollte keine diplomatische Lösung für ein Ende der Gewalt erreicht werden.
R.T.Gilbert--TNT