Äthiopien verlängert Ausnahmezustand in der Region Amhara
Äthiopien hat den Ausnahmezustand in der Unruheregion Amhara verlängert. Eine Resolution für die Verlängerung des ursprünglich im August für sechs Monate verhängten Ausnahmezustands sei am Freitag von einer Mehrheit im Abgeordnetenhaus in Addis Abeba verabschiedet worden, erklärte das Parlament des ostafrikanischen Landes im Onlinedienst Facebook. Demnach gab es nur zwei Nein-Stimmen und drei Enthaltungen.
Die zweitbevölkerungsreiche Region im Norden Äthiopiens wird seit Monaten von Unruhen erschüttert. Auslöser der Auseinandersetzungen war eine Ankündigung der Zentralregierung vom April, örtliche Milizen in der nördlichen Region aufzulösen und in die Streitkräfte des Landes zu integrieren. Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed hatte den Ausnahmezustand in der Region im August verhängt.
Es war zunächst nicht klar, bis wann die vom Parlament verabschiedete Verlängerung gelten soll. Der Verfassung zufolge kann der Ausnahmezustand jeweils nur um höchstens vier Monate verlängert werden. Abiys Wohlstandspartei hat mehr als 95 Prozent der Sitze im äthiopischen Unterhaus inne.
Der Leiter der äthiopischen Menschenrechtskommission (EHRC), Daniel Bekele, zeigte sich angesichts der Verlängerung des Ausnahmezustands "zutiefst besorgt". Er forderte die Regierung im Onlinedienst X, vormals Twitter, auf, die "Notwendigkeit, Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit" der Maßnahmen zu überdenken. Die EHRC hat in der Vergangenheit wiederholt auf Missstände in Amhara hingewiesen.
Die Unruhen haben Sorgen um die Stabilität des zweitbevölkerungsreichsten Landes Afrikas aufleben lassen. Vor einem Jahr hatte ein Friedensabkommen einen brutalen, zwei Jahre währenden Konflikt in der Nachbarregion Tigray beendet.
Die Rebellen eroberten zwischenzeitlich wichtige Gebiete, wie etwa die Stadt Gondar oder die Unesco-Weltkulturerbestätte Lalibela, bekannt für ihre jahrhundertealten Steinkirchen. Während die äthiopische Armee die Kontrolle über die Gebiete zurückgewinnen konnte, ist die Rebellion nach wie vor nicht beendet. Offizielle Zahlen zu Toten und Verletzten gibt es nicht. Der Zugang zum Norden Äthiopiens ist für Journalisten erheblich eingeschränkt worden.
Der Ausnahmezustand gilt für die Region Amhara, kann aber im ganzen Land gegen Personen eingesetzt werden, die einer Beteiligung an der Gewalt in der Region verdächtigt werden. Die EHRC warf der Regierung im September außergerichtliche Tötungen in Amhara vor sowie massenhafte willkürliche Inhaftierungen.
P.Barry--TNT