FDP will fertiges EU-Lieferkettengesetz verhindern
Die FDP will das auf EU-Ebene fertig verhandelte Lieferkettengesetz noch im letzten Moment verhindern. In einem gemeinsamen Schreiben machten die FDP-Bundesminister für Finanzen und Justiz, Christian Lindner und Marco Buschmann, am Donnerstag ihre Ablehnung der geplanten Richtlinie deutlich. "Im Rat der Europäischen Union hat dies eine Enthaltung Deutschlands zur Folge, die im Ergebnis wie eine 'nein'-Stimme wirkt", erklärten sie.
Die 27 EU-Staaten und das Europaparlament hatten sich Mitte Dezember auf die EU-Lieferkettenrichtlinie geeinigt. Beide Seiten müssen diese Vereinbarung noch billigen, was im Regelfall als Formalie gilt. Die Bundesregierung hatte die Einigung bislang mitgetragen. Fehlt nun wegen des Widerstandes der FDP bei der EU-Abstimmung, die für Anfang Februar geplant war, die Stimme Deutschlands, könnte das Gesetz noch scheitern.
Die Einigung vom Dezember sieht vor, dass Unternehmen ab einer bestimmten Größe künftig verpflichtet werden, negative Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt zu ermitteln und mögliche Folgen zu "verhindern, zu mildern, zu beenden und zu beheben". Außerdem müssen sie die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards auch bei ihren Partnerunternehmen in der Wertschöpfungskette überwachen. Dazu gehören Lieferanten, Vertriebspartner, Transportunternehmen, Lagerdienstleister oder auch die Abfallwirtschaft.
Lindner und Buschmann kritisierten nun die Einigung vom Dezember als zu weitgehend. Die Unterhändler der Mitgliedstaaten hätten in den Verhandlungen mit dem EU-Parlament ihr Mandat überschritten. Durch die EU-Richtlinie in dieser Form befürchten die Minister mehr Bürokratie und weitere negative Auswirkungen für Unternehmen.
Verbände vieler Branchen kritisieren die geplanten Vorgaben seit Monaten scharf und fordern, das Gesetz zu stoppen. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, zeigte sich nun "erleichtert" über die FDP-Blockade. Das Gesetz würde deutschen Unternehmen "unlösbare Pflichten aufbürden". "Es ist gut, dass dieser Irrweg von Berlin nicht unterstützt wird."
Die Blockade eines EU-Gesetzes nach Einigung von EU-Rat und Europaparlament ist höchst unüblich. Die FDP hatte dies bereits beim EU-Gesetz für das Aus von Verbrenner-Autos getan, um eine Ausnahmeregelung für synthetische Kraftstoffe zu erwirken. Im Fall des Lieferkettengesetzes blieb zunächst unklar, worauf die Liberalen konkret abzielen. Aus dem Justizministerium hieß es, Buschmann werde sich "weiterhin konstruktiv für europäische Lösungsansätze einsetzen".
In Deutschland gilt bereits seit Anfang 2023 ein Lieferkettengesetz, das noch von der Großen Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verabschiedet worden war. Es verpflichtet Unternehmen, auf die Einhaltung internationaler Standards zu Menschenrechten und Umwelt entlang der eigenen Lieferkette zu achten. Die EU-Vorgaben gehen an manchen Stellen über das deutsche Recht hinaus und dieses müsste entsprechend angepasst werden.
Einer Umfrage unter deutschen und französischen Unternehmern zufolge ist das EU-Gesetz allerdings weit populärer als gedacht. 78 Prozent der Befragten hielten die Auflagen für "realisierbar", fühlten sich "gut aufgestellt" sie umzusetzen und erwarteten allenfalls "leichte bis moderate" Kostensteigerungen, erklärte die Unternehmensberatung Inverto. Auch in Frankreich gibt es bereits ein nationales Lieferkettengesetz. Von einer einheitlichen EU-Regelung könnten deutsche und französische Unternehmen daher auch profitieren.
L.A.Adams--TNT