The National Times - UN-Palästinenserhilfswerk unter Druck - auch Deutschland setzt neue Hilfen aus

UN-Palästinenserhilfswerk unter Druck - auch Deutschland setzt neue Hilfen aus


UN-Palästinenserhilfswerk
unter Druck - auch Deutschland setzt neue Hilfen aus
UN-Palästinenserhilfswerk unter Druck - auch Deutschland setzt neue Hilfen aus / Foto: © AFP/Archiv

Nach schweren Anschuldigungen gegen mehrere seiner Mitarbeiter steht das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) massiv unter Druck. Nach den USA, Großbritannien und anderen Ländern setzte am Wochenende auch die Bundesregierung ihre Unterstützung für das Hilfswerk vorerst aus. UN-Generalsekretär António Guterres appellierte an die Geldgeber, ihre Finanzhilfen nicht gänzlich einzustellen. Derweil machen die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Hamas-Geiseln offenbar Fortschritte.

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Zwölf Mitarbeiter des UN-Hilfswerks stehen im Verdacht, in den brutalen Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober verwickelt gewesen zu sein. Als Konsequenz kündigten Länder wie die USA, Kanada, Australien, Großbritannien, Finnland und Italien an, ihre Hilfszahlungen auszusetzen. Am Samstagabend erklärte auch die Bundesregierung, dass sie bis zum Ende der Aufklärung der Vorwürfe keine neuen Mittel für das UNRWA im Gazastreifen bewilligen werde.

Das Auswärtige Amt und das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) hoben in ihrer gemeinsamen Mitteilung hervor, dass derzeit ohnehin keine neuen Zusagen für das UN-Hilfswerk anstünden. Zudem betonten sie, dass die Rolle des UNRWA "für die Grundversorgung der palästinensischen Bevölkerung lebenswichtig" sei.

Auch aus Paris fließen zunächst keine weiteren Gelder. Frankreich habe "keine neue Zahlung im ersten Quartal 2024" geplant, erklärte das französische Außenministerium am Sonntag. Es werde "zu gegebener Zeit" zusammen mit der UNO und den wichtigsten Gebern beraten, wie weiter vorzugehen sei. Die Vorwürfe gegen die UNRWA-Mitarbeiter nannte Paris "außerordentlich schwerwiegend".

Anders entschied sich Oslo: "Norwegen hat entschieden, seine Finanzierung fortzusetzen", erklärte der norwegische Außenminister Espen Barth Eide. Trotz der "sehr schwerwiegenden Anschuldigungen", sollten die anderen Geber "in dieser Zeit der extremen humanitären Not über die weiterreichenden Folgen einer Kürzung der Unrwa-Finanzierung" nachdenken.

UNRWA-Chef Philippe Lazzarini kritisierte, es sei "schockierend, dass die Mittel für das Hilfswerk als Reaktion auf die Anschuldigungen gegen eine kleine Gruppe von Mitarbeitern ausgesetzt wurden".

UN-Generalsekretär Guterres appellierte an die Geldgeber, "zumindest die Kontinuität der Arbeit des UNRWA zu gewährleisten". Das Leben von zwei Millionen Menschen im Gazastreifen hänge von der Unterstützung des UN-Hilfswerks ab, das ohne weitere Finanzmittel bereits im Februar seine Arbeit einschränken müsse, erklärte Guterres. Er verstehe zwar die Bedenken und sei selbst "entsetzt" über die Anschuldigungen gegen die UNRWA-Mitarbeiter, die übrigen Angestellten des Hilfswerks dürften dafür aber nicht bestraft werden.

Die UNO leitete Ermittlungen gegen die beschuldigten Mitarbeiter ein. Guterres zufolge wurden neun von ihnen entlassen. Einer von ihnen sei tot und die Identität der beiden anderen werde noch geklärt.

Israel geht das Aussetzen der Hilfszahlungen nicht weit genug. "Herr Lazzarini, bitte treten Sie zurück", schrieb Außenminister Israel Katz im Onlinedienst X, vormals Twitter. Seine Regierung werde dafür sorgen, dass das UN-Hilfswerk nach dem Ende des Gaza-Krieges keine Rolle mehr in dem Palästinensergebiet spielen werde.

Im Bemühen um eine Geiselfreilassung im Gegenzug für eine Feuerpause kam US-Geheimdienstchef William Burns unterdessen in Paris mit Vertretern Israels, Katars und Ägyptens zusammen. CIA-Chef Burns habe sich am Sonntag in der französischen Hauptstadt mit seinen israelischen, katarischen und ägyptischen Gesprächspartnern getroffen, um auf eine Vereinbarung hinzuarbeiten, hieß es aus dem Umfeld der Verhandlungen. Vertreter der vier Länder standen demnach auch mit den französischen Behörden in Kontakt.

Ende November waren im Zuge einer von Katar, Ägypten und den USA vermittelten einwöchigen humanitären Feuerpause 105 Hamas-Geiseln im Gegenzug für 240 in Israel inhaftierte Palästinenser freigekommen. Nach israelischen Behördenangaben sind 132 Geiseln noch immer in der Gewalt der Hamas, 28 von ihnen sollen tot sein.

Israel setzte seine Offensive am Wochenende fort, die Armee sprach von "intensiven Kämpfen" in Chan Junis im Süden des Palästinensergebiets. Dabei seien "Terroristen eliminiert und große Mengen Waffen beschlagnahmt" worden, erklärte die Armee. Schwere Gefechte wurden unter anderem rund um zwei Krankenhäuser in Chan Junis gemeldet. Auch im Norden und im Zentrum des Gazastreifens griff die israelische Armee nach eigenen Angaben mehrere Ziele an.

Die radikalislamische Hamas hatte bei ihrem brutalen Großangriff am 7. Oktober auf Israel nach israelischen Angaben etwa 1140 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Hamas. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, wurden im Gazastreifen bislang mehr als 26.400 Menschen getötet.

P.Sinclair--TNT

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