Wagenknecht will "politisch Heimatlose" gewinnen - BSW stellt sich für EU-Wahl auf
Die neue Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) will nach den Worten ihrer Namensgeberin die von der Ampel-Koalition enttäuschten Menschen gewinnen. Viele seien "politisch heimatlos" geworden, sagte Wagenknecht am Samstag auf dem ersten BSW-Bundesparteitag. Das einstimmig verabschiedete Europawahlprogramm enthält die Forderung nach einem harten Kurs in der Migrationspolitik und einem Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine. Der Parteitag beschloss zudem die Kandidatenliste für die Europawahl.
Es gebe "so viele Probleme, Unsicherheit, aber auch Empörung und Wut", sagte Wagenknecht in ihrer Rede vor den rund 400 Delegierten. Ihre neue Partei mache sich "auf den Weg, die Politik in Deutschland zu verändern". Die 54-Jährige fügte hinzu: "Wir tun das, weil wir spüren, da ist etwas am Kippen in unserer Gesellschaft."
Die Frage sei, "mündet der Umbruch in Aufbruch oder in die Katastrophe", sagte sie mit Blick auf das Erstarken rechter Kräfte in Deutschland. Auch sie selbst habe "Angst vor dem Erstarken der AfD", sagte Wagenknecht.
Wer diese Partei aber wirklich schwächen wolle, solle auch für einen Mindestlohn von wenigstens 14 Euro, höhere Renten und bezahlbare Energie demonstrieren, sagte sie mit Blick auf die derzeitigen Demonstrationen gegen rechts. Die Menschen sollten "am besten gleich für Neuwahlen und ein Ende der unsäglichen Ampel-Politik" auf die Straße gehen, fügte sie hinzu.
Wagenknecht wandte sich gegen "Wirtschaftssanktionen, die nicht Russland, sondern die deutsche Wirtschaft ruinieren". Unter starkem Beifall der Delegierten forderte sie, den Krieg in der Ukraine "so schnell wie möglich" und auf dem Verhandlungsweg zu beenden. Auch Krieg sei "vor allem ein Geschäft", bei dem es um Rohstoffe, Einflusssphären und Waffenverkäufe gehe. "Deswegen sagen wir Nein zu Krieg und Nein zu Waffenexporten in Kriegsgebiete", das sei ein zentraler Grundsatz ihrer Partei.
Mit Blick auf die von jahrelangem Streit geprägte Linkspartei, der Wagenknecht lange angehörte, rief sie die Delegierten zu Geschlossenheit auf. "Wir sind keine Linke 2.0", sagte Wagenknecht. Das müsse auch "für unseren Umgang miteinander gelten".
Ihre Ko-Parteivorsitzende Amira Mohamed Ali sagte, die Regierung habe bei den Themen soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Vernunft, Frieden und Freiheit "grandios versagt". Die frühere Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion kritisierte weiter: "Die herrschende Politik ist arrogant geworden." Eine offene Debatte über viele Themen sei häufig nicht mehr möglich, abweichende politische Meinungen würden oft als rechtsradikal diffamiert.
Der frühere SPD- und Linkenpolitiker Oskar Lafontaine sagte, es gebe im Bundestag keine Partei mehr, "die konsequent für gute Löhne, gute Renten, gute soziale Leistungen eintritt", auch seien alle "für Krieg und Militarisierung". Aufgabe für das BSW sei es, diese "Lücke im Parteiensystem" auszufüllen, sagte Wagenknechts Ehemann.
Das Thema Migration wurde auf dem Parteitag weder von Wagenknecht noch von anderen Rednerinnen und Rednern thematisiert. Im Europawahlprogramm spricht sich das BSW unter anderem für Asylverfahren an Außengrenzen und in Drittstaaten aus.
Die Kandidatenliste für die Europawahl am 9. Juni wird von dem früheren Linken-Politiker Fabio de Masi und dem ehemaligen SPD-Oberbürgermeister von Düsseldorf, Thomas Geisel, angeführt. De Masi wurde mit 97,6 Prozent auf Listenplatz eins gewählt, Geisel belegt mit 71,9 Prozent den zweiten Platz.
Auf der 20 Plätze umfassenden Liste finden sich auch Kandidaten, die bislang nicht politisch aktiv waren, darunter auch der als Kritiker der Corona-Maßnahmen bekannte Mediziner Friedrich Pürner.
De Masi sagte mit Blick auf das Europawahlprogramm, das BSW fordere "Weniger ist mehr" als Leitmotiv für die EU. Es gehe darum, auf EU-Ebene Steuerdumping von großen Konzernen zu unterbinden. Auch eine internationale Mindestbesteuerung müsse durchgesetzt werden, Übergewinne etwa von Energiekonzernen müssten abgeschöpft werden. "Man muss sich mit den Mächtigen anlegen, wenn man etwas für die Mehrheit der Bevölkerung herausholen will", sagte er.
T.Bennett--TNT