Netanjahu sorgt mit Äußerungen zu Vermittler Katar für Empörung
Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat mit kritischen Äußerungen zur Vermittlerrolle Katars im Gazakrieg den Unmut des Emirats auf sich gezogen. Das katarische Außenministerium zeigte sich "bestürzt" über die Netanjahu von Medien zugeschriebenen Aussagen. Derweil wurden in Israel die Forderungen nach einem sofortigen Abkommen zur Freilassung der Hamas-Geiseln, bei dem Katar eine wichtige Rolle spielt, immer lauter.
Laut einer dem israelischen Sender 12 vorliegenden Tonaufzeichnung hatte Netanjahu bei einem Treffen mit Familien der Geiseln gesagt, er danke Katar keineswegs für dessen Vermittlerrolle - denn das Emirat sei "noch problematischer" als die Vereinten Nationen oder das Rote Kreuz.
Katar habe die Möglichkeit, Druck auf die islamistische Palästinenserorganisation Hamas auszuüben, sagte Netanjahu demnach. "Und warum? Weil es sie finanziert." Er sei außerdem "sehr wütend" über eine Entscheidung der USA, eine Vereinbarung für einen US-Militärstützpunkt in dem Emirat um zehn Jahre zu verlängern.
Katar hat gute Verbindungen zur Hamas, ein Großteil der politischen Führung der Palästinenserorganisation lebt in dem Golfstaat. Katar hat in den vergangenen Jahren zudem Millionenhilfen in den von der Hamas kontrollierten Gazastreifen geschickt.
Das Außenministerium in Doha nannte Netanjahus Äußerungen "verantwortungslos und schädlich für die Bemühungen, unschuldige Leben zu retten". Sie würden den Vermittlungsprozess untergraben aus Gründen, die Netanjahus "politischer Karriere mehr zu dienen scheinen" als den "israelischen Geiseln", erklärte das katarische Außenministerium im Onlinedienst X, vormals Twitter.
Später legte Israels Finanzminister Bezalel Smotrich auf X nach. Katar sei ein "Schirmherr der Hamas" und "größtenteils verantwortlich für das Massaker, das die Hamas an israelischen Bürgern verübt" habe, schrieb der rechtsextreme Minister mit Blick auf den brutalen Hamas-Großangriff auf Israel am 7. Oktober. "Katar ist ein Land, das den Terrorismus unterstützt und den Terrorismus finanziert."
Katar spielt im Krieg zwischen Israel und der Hamas eine wichtige Vermittlerrolle. Zusammen mit Ägypten und den USA ermöglichte der Golfstaat im November eine einwöchige Feuerpause, bei der rund 100 im Gazastreifen festgehaltene Geiseln frei kamen. Derzeit laufen Bemühungen um eine weitere Feuerpause zwischen Israel und der Hamas.
Der Krieg zwischen Israel und der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas war durch deren Überfall am 7. Oktober ausgelöst worden. Israelischen Angaben zufolge töten Hamas-Kämpfer etwa 1200 Menschen und verschleppten rund 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen. 132 Geiseln sind demnach noch immer im Gazastreifen, 28 von ihnen sollten tot sein.
Als Reaktion auf den Angriff startete Israel einen massiven Militäreinsatz in dem Palästinensergebiet. Nach jüngsten Hamas-Angaben, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seit dem Beginn der israelischen Offensive mindestens 25.700 Menschen im Gazastreifen getötet.
Bei Protesten in Tel Aviv forderten Angehörige der Geiseln und ihre Unterstützer nachdrücklich eine neue Vereinbarung. "Wir haben genug von den Bombardierungen im Gazastreifen, wir haben genug davon, tote Kinder zu sehen, wir wollen eine klare Botschaft senden: Die Menschen in Israel verlangen eine Einigung, sie verlangen Frieden", sagte Teilnehmerin Sapir Sluzker Amran am Mittwochabend. Auf vielen Plakaten war die Forderung "Abkommen jetzt" zu lesen.
Unterdessen wies Israel die Verantwortung für den Beschuss einer UN-Unterkunft im Süden des Gazastreifens mit zwölf Toten zurück. Einen Luftangriff oder Artilleriebeschuss habe sie bereits "ausgeschlossen", erklärte die Armee gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Eine Überprüfung der Einsätze sei im Gange. Es gebe zudem die "Möglichkeit", dass es sich um Geschosse der Hamas gehandelt haben könnte.
Bei dem nächtlichen Beschuss in der Hamas-Hochburg Chan Junis waren nach Angaben des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) mindestens zwölf Menschen getötet und 75 weitere verletzt worden, 15 von ihnen schwer.
Q.Marshall--TNT