Israel setzt Angriffe im Süden des Gazastreifens fort
Israel hat seine Angriffe auf Ziele in der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens fortgesetzt. Augenzeugen berichteten am Donnerstag von nächtlichen Kämpfen in der Hamas-Hochburg sowie von Luftangriffen in der Region der weiter südlich gelegenen Stadt Rafah. Derweil wuchs die Kritik an dem Beschuss auf eine UN-Unterkunft für Geflüchtete in Chan Junis am Mittwoch mit laut UN-Angaben mindestens neun Toten.
Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, Adrienne Watson, äußerte sich "zutiefst besorgt" über Berichte über den Beschuss. Israel habe eine "Verantwortung, Zivilisten zu schützen", betonte sie. "Der Verlust eines jeden unschuldigen Lebens ist eine Tragödie." Die USA sind ein enger Verbündeter Israels, rufen die israelische Regierung aber seit Wochen zu einem besseren Schutz von Zivilisten im Gazastreifen auf.
Die israelische Armee erklärte derweil, sie überprüfe die Militäreinsätze, die es zu diesem Zeitpunkt gegeben habe. Einen Luftangriff oder Artilleriebeschuss habe sie bereits "ausgeschlossen". Es gebe zudem die "Möglichkeit", dass es sich um Geschosse der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas gehandelt haben könnte.
Bei dem Beschuss waren nach Angaben des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) mindestens neun Menschen getötet und 75 weitere verletzt worden. "Zwei Panzergeschosse haben ein Gebäude getroffen, das 800 Menschen Schutz bietet", erklärte der UNRWA-Chef im Gazastreifen, Thomas White, im Onlinedienst X, vormals Twitter. UNRWA-Chef Philippe Lazzarini kritisierte den Beschuss als "eklatante Missachtung grundlegender Regeln des Krieges".
Der Krieg im Gazastreifen war am 7. Oktober durch den Großangriff der Hamas auf Israel ausgelöst worden. An dem Tag waren hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Palästinenserorganisation vom Gazastreifen aus nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1200 Menschen teils brutal getötet und rund 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Als Reaktion auf den Angriff startete Israel einen massiven Militäreinsatz im Gazastreifen. Nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seit dem Beginn der israelischen Offensive mindestens 25.700 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.
Derweil gibt es Verstimmungen zwischen Israel und Katar wegen mutmaßlicher Äußerungen des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu zur Vermittlerrolle des Emirats in dem Konflikt. "Sollten diese Äußerungen wirklich echt sein, dann sind sie verantwortungslos und schädlich für die Bemühungen, unschuldige Leben zu retten", erklärte das katarische Außenministerium auf X.
Der israelische Sender 12 hatte über Äußerungen Netanjahus bei einem Treffen mit Angehörigen der Geiseln in Gewalt der Hamas berichtet. Der Regierungschef sagte dabei laut Tonaufzeichnung, er "danke" Katar nicht für dessen Vermittlerrolle, denn das Emirat sei "noch problematischer" als die Vereinten Nationen oder das Rote Kreuz. "Ich mache mir überhaupt keine Illusionen."
Katar habe die Möglichkeit, Druck auf die islamistische Palästinenserorganisation Hamas auszuüben, sagte Netanjahu demnach. "Und warum? Weil es sie finanziert." Er sei außerdem "sehr wütend" über eine Entscheidung der USA, eine Vereinbarung für einen US-Militärstützpunkt in dem Emirat um zehn Jahre zu verlängern.
Katar spielt im Krieg zwischen Israel und der Hamas eine wichtige Vermittlerrolle. Der Golfstaat ermöglichte im November zusammen mit Ägypten und den USA eine einwöchige Feuerpause, bei der rund hundert im Gazastreifen festgehaltene Geiseln frei kamen. Derzeit laufen Bemühungen für eine weitere Feuerpause.
Katar hat gute Verbindungen zur Hamas, die politische Führung der Palästinenserorganisation lebt in dem Golfstaat. Katar hat in den vergangenen Jahren zudem hunderte Millionen Dollar an Finanzierungshilfen in den von der Hamas kontrollierten Gazastreifen geschickt.
W.Baxter--TNT