UNRWA-Chef warnt vor düsterer Zukunft für Bewohner des Gazastreifens
Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge hat vor einer düsteren Zukunft für die Bewohner des Gazastreifens nach dem Ende des Krieges zwischen der radikalislamischen Hamas und Israel gewarnt. "Hunderttausende Menschen leben jetzt auf der Straße in behelfsmäßigen provisorischen Plastikzelten und schlafen auf Beton", sagte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini am Mittwoch vor Journalisten in Jerusalem nach seinem vierten Besuch in dem Palästinensergebiet seit Kriegsbeginn.
Die meisten der 2,5 Millionen Einwohner des Gazastreifens seien aus ihren Häusern vertrieben worden, mehr als 60 Prozent der Gebäude seien zerstört und viele Einwohner würden keine Zukunft mehr in dem Küstengebiet sehen, sagte der UNRWA-Chef.
In dem besonders stark von israelischen Angriffen getroffenen Norden des Gebiets spiele sich "eine humanitäre Katastrophe" ab, erklärte Lazzarini. AFP-Journalisten berichteten von in Schutt und Asche gelegten Wohnblocks in der Region.
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas dauert seit mehr als drei Monaten an. Die von den USA und der EU als Terrororganisation eingestufte Hamas hatte Israel am 7. Oktober in einem beispiellosen Großangriff brutal überfallen und 1140 Menschen getötet sowie rund 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Als Reaktion erklärte Israel der Hamas den Krieg und startete einen massiven Militäreinsatz im Gazastreifen. Nach Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dort seither mindestens 24.448 Menschen getötet. Den Angaben zufolge sind 70 Prozent der Getöteten Frauen und Kinder.
Während Israel davon ausgeht, dass der Krieg im Gazastreifen noch Monate dauern wird, haben schätzungsweise eine halbe Million Kinder zwischen sechs und 14 Jahren keinen Zugang zu Schulbildung. Kinder lebten unter "brutalen" Bedingungen uns seien zutiefst traumatisiert, sagte Lazzarini und warnte vor einer "Generation verlorener Kinder". "Dies sollte uns alle beunruhigen, wenn wir über zukünftigen Frieden, Sicherheit und Zusammenleben sprechen. Je länger wir warten, desto mehr Risiken gehen wir für die Zukunft ein", sagte er.
Monatelange Pendeldiplomatie zwischen den Kriegsparteien und ihren Verbündeten zum Trotz gebe es keinen Plan für eine Nachkriegsregierung oder einen Wiederaufbau, erklärte Lazzarini. "Wenn wir über den Wiederaufbau im Gazastreifens sprechen, ist es nicht mehr so wie früher, als wir einige Unterkünfte instand setzen mussten und das noch machbar war", sagte der UNRWA-Chef mit Verweis auf frühere Kriege in der Region. Er könne sich zudem nicht vorstellen, dass ein Land "in nennenswertem Umfang" investiert, wenn es "kein solides politische Projekt und keinen Fahrplan" für den Gazastreifen gebe.
T.Allen--TNT