Zusammenstöße in russischer Kleinstadt nach Verurteilung eines Oppositionellen
Nach der Verurteilung eines Oppositionellen zu einer mehrjährigen Haftstrafe ist es am Mittwoch zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei in einer russischen Kleinstadt im Ural gekommen. In Onlinenetzwerken veröffentlichte Videos zeigten eine Menschenmenge in der 17.000-Einwohner-Stadt Baimak, in der einige Schneebälle auf Polizisten mit Schutzschildern warfen und andere "Schande" riefen. Die Polizei setzte nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten Tränengas ein.
Das Ermittlungskomitee teilte mit, während der "Massenunruhen, die von Gewalt begleitet waren", seien "mehrere Menschen verletzt" worden. Darunter seien Polizisten. Es seien auch "Gegenstände als Waffen" genutzt worden.
Zudem wurde offiziellen Angaben zufolge eine Untersuchung wegen der Organisation von "Massenaufruhr" und Gewalt gegen die Polizei eingeleitet - Vorwürfe, die mit hohen Haftstrafen belegt werden können. Der Vorwurf der "Aufruhr" kann bis zu 15 Jahre Haft nach sich ziehen, Gewalt gegen die Polizei bis zu fünf Jahre.
Protest auf der Straße ist in Russland, wo jede Kritik an der Führung mit Gefängnis bestraft werden kann, äußerst selten. Größere Protestbewegungen gab es im Herbst 2022, als Hunderttausende Reservisten zur Verstärkung der Truppen in der Ukraine mobilisiert wurden.
Nach Angaben der unabhängigen russischen Menschenrechtsgruppe OWD-Info nahmen etwa 6000 Menschen an der Demonstration teil, rund 20 Menschen seien von der Polizei festgenommen worden. Die Beamten hätten Tränengas eingesetzt, um die Proteste vor dem Gericht aufzulösen. "Dutzende" Menschen wurden nach Angaben von OWD-Info verletzt, zudem sei der Zugang zum Internet vor Ort fast vollständig gesperrt.
Ein russisches Gericht hatte am Mittwoch den Umweltaktivisten Fail Alsynow nicht öffentlich zu vier Jahren Haft verurteilt. Er habe in einer Rede darauf abgezielt, "Hass zu schüren und die Würde einer Gruppe von Menschen wegen der Rasse, Nationalität, Sprache oder Herkunft" zu verletzen, hieß es vom Gericht.
Alsynow lehnt den Goldabbau in der Uralregion ab und setzt sich für den Schutz der Sprache der ethnischen Baschkiren ein. In einer Rede gegen den Goldabbau vor einem Gemeinderat im vergangenen Jahr hatte Alsynow zwei baschkirische Wörter benutzt, die mit "schwarze Menschen" ins Russische übersetzt wurden.
Der örtliche Gouverneur, Radij Chabirow, warf Alsynow vor, Menschen aus Zentralasien und dem Kaukasus beleidigt zu haben. Alsynow sagte, er sei falsch ins Russische übersetzt worden und kündigte an, Berufung gegen das Urteil einlegen zu wollen.
Das Innenministerium der Region hatte am Dienstag dazu aufgerufen, nicht vor dem Gericht zu demonstrieren. Bereits im Vorfeld des Urteils hatte es Proteste zur Unterstützung Alsynows gegeben. Ein im Internet veröffentlichtes Video zeigte einen vor hunderten Menschen stehenden Mann, der Russlands Präsident Wladimir Putin auffordert, Chabirow zu entlassen.
Örtlichen Medienberichten zufolge war Alsynow im vergangenen Jahr zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er Russlands Mobilisierung für den Konflikt in der Ukraine im Jahr 2022 kritisiert hatte. In einem Beitrag in Onlinenetzwerken bezeichnete Alsynow die Militäroffensive als "Völkermord am baschkirischen Volk" und sagte, Moskaus Offensive sei "nicht unser Krieg".
Russland geht seit dem Konflikt beispiellos gegen Andersdenkende vor. Tausende Menschen wurden festgenommen oder mit Geldstrafen belegt.
M.Davis--TNT