Bericht zur weltweiten Ungleichheit: Oxfam fordert Besteuerung großer Vermögen
Zu Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos (WEF) hat die Hilfsorganisation Oxfam die ungleiche Verteilung von Reichtum angeprangert und eine Besteuerung großer Vermögen gefordert. "Während Milliarden von Menschen die Schockwellen von Pandemie, Inflation und Krieg ertragen müssen, boomen die Vermögen der Milliardäre und Milliardärinnen", erklärte die geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von Oxfam Deutschland, Serap Altinisik, am Montag anlässlich der Veröffentlichung des Berichts "Inequality Inc". Laut Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) könnten bereits geringe Steuersätze auf sehr hohe Vermögen "viele Probleme lösen".
Dem Bericht zufolge haben die fünf reichsten Männer der Welt ihr Vermögen seit 2020 von 405 Milliarden Dollar (rund 369 Milliarden Euro) auf 869 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt. Das entspreche im Durchschnitt einem Gewinn von 14 Millionen Dollar pro Stunde, heißt es in der Studie. Gleichzeit seien weltweit fast fünf Milliarden Menschen ärmer geworden.
"Diese zunehmende soziale Ungleichheit stellt Gesellschaften vor immer größere Zerreißproben", betonte Altinisik. Sie verstärke geschlechtsspezifische und rassistische Diskriminierungen, untergrabe die Demokratie und trage maßgeblich dazu bei, "dass die Klimakrise sich zu einer Katastrophe" ausweite. Weiter forderte Altinisik eine Besteuerung hoher Vermögen, "damit auch die Superreichen ihren gerechten Beitrag zum Gemeinwohl leisten".
Der Interimsdirektor von Oxfam International, Amitabh Behar, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Ergebnisse zeigten, dass "der Kapitalismus im Dienste der Superreichen" stehe. "Wir können mit diesem Niveau obszöner Ungleichheit nicht weitermachen", betonte er.
Dem Bericht zufolge sind alle Milliardärinnen und Milliardäre zusammen heute um 3,3 Billionen Dollar reicher als 2020. Ihr Vermögen sei damit dreimal so schnell wie die Inflationsrate gewachsen. Das Gesamtvermögen der fünf reichsten Deutschen ist laut Oxfam seit 2020 inflationsbereinigt um rund drei Viertel gewachsen, von rund 89 Milliarden Dollar auf 155 Milliarden Dollar.
Wie aus dem Bericht weiter hervorgeht, haben 148 der weltweit größten Konzerne in den zwölf Monaten bis Juni 2023 insgesamt 1,8 Billionen US-Dollar an Gewinnen eingefahren. Auch der Aktienbesitz komme in erster Linie den reichsten Menschen der Welt zugute.
Oxfam schlägt ein Steuermodell vor, das zwei Prozent Steuern auf Vermögen von mehr als fünf Millionen Dollar vorsieht. Vermögen von mehr als 50 Millionen Dollar sollen mit drei Prozent und Vermögen in Höhe von mehr als einer Milliarde Dollar mit fünf Prozent besteuert werden. Die dadurch eingenommenen Mittel sollen demnach in den Klimaschutz, in Bildung, in die Gesundheitsversorgung und in soziale Absicherung investiert werden.
Bundesentwicklungsministerin Schulze erklärte, der Bericht lege "den Finger in die Wunde". "Wir leben in einer extrem ungleichen Welt und das ist ein Problem für uns alle." Der Abstand zwischen den Reichsten und den Ärmsten müsse wieder kleiner werden, betonte Schulze. Ihr zufolge könnten viele Probleme "schon mit sehr kleinen Steuersätzen auf sehr große Vermögen und Übergewinne" gelöst werden.
Der jährliche Oxfam-Bericht über die weltweite Ungleichheit wird traditionell kurz vor der Eröffnung des Weltwirtschaftsforums in Davos veröffentlicht. In dem Schweizer Alpenort kommen ab Montag hunderte hochrangige Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen. Überschattet wird das Treffen vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine und dem Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas.
Wie in jedem Jahr werden auch Proteste das Treffen begleiten. Bereits für Sonntag hatte die Sozialistische Jugend der Schweiz zu einer Demonstration aufgerufen, um "ein geschlossenes Treffen der Reichen und Mächtigen" anzuprangern.
D.Cook--TNT