Bauern beharren auf Rücknahme von Subventionskürzungen - Özdemir fordert Konsens
Die Landwirte protestieren weiter - und längst nicht mehr nur gegen die von der Bundesregierung geplanten Subventionskürzungen. CSU-Chef Markus Söder bekräftigte bei einer Kundgebung am Freitag in Nürnberg seine volle Unterstützung dafür und machte für die Probleme der Bauern die Ampel-Politik verantwortlich. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) verwies auf Verfehlungen der unionsgeführten Vorgängerregierungen und rief Ampel- und Unionsparteien zu gemeinsamen Lösungen für die Landwirtschaft auf.
Die politische Mitte müsse eine "Landwirtschaftspolitik mit breiten Mehrheiten" gestalten, sagte Özdemir im ZDF-"Morgenmagazin". Nicht allein die geplanten Kürzungen von Agrarsubventionen hätten den Zorn der Landwirte ausgelöst, sondern dass "jahrzehntelang den Bauern Dinge versprochen wurden von wechselnden Regierungen, die nur zum Teil oder gar nicht gehalten worden sind".
Er habe seit seinem Amtsantritt vor rund zwei Jahren gemacht, "was ich kann". Er zählte das staatliche Tierhaltungskennzeichen, eine Änderung im Baugesetzbuch und im Immissionsschutzgesetz auf, die den Neu- und Umbau tiergerechter Ställe erleichtern sollen. Er habe "eine Milliarde Euro mobilisiert allein für die Schweinehalter". Doch "jetzt komme ich an den Punkt, wo ich allein nicht weiter kann". Es brauche den Konsens der "Ampel", aber auch der "größten Oppositionspartei".
Proteste der Landwirte hatten sich an einer Vereinbarung im Zuge der Haushaltskrise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) entzündet, die unter andere die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung und der Subventionierung von Diesel für Landwirte vorsah. Auch auf Druck Özdemirs kassierte die "Ampel" das Ende der Steuerbefreiung wieder ein. Die Dieselsubvention soll aber weiterhin bis 2026 schrittweise abgeschafft werden.
Der Deutsche Bauernverband besteht auf der langfristigen Fortführung der Dieselsubvention. Seit Montag demonstrieren Landwirtinnen und Landwirte nach einem Aufruf des Verbandes bundesweit mit Trecker-Konvois und Blockadeaktionen gegen die Subventionskürzung und gegen die Regierung.
Der bayerische Bauernverband bereitet eine Verschärfung vor. "Wir haben bisher davon abgesehen, Infrastruktur zu blockieren, etwa die Lebensmittelversorgung. Aber wir lassen uns nicht einfach mehrere Monatseinkommen aus der Tasche ziehen", sagte Bayerns Bauernverbandspräsident Günther Felßner der "Augsburger Allgemeinen".
Söder warf der Bundesregierung eine "einseitige Benachteiligung der Landwirtschaft" vor. Ziel sei es wohl, "bäuerliche Existenzen zu zerstören, bäuerliche Produktion zu reduzieren, um abhängig vom Ausland zu sein", sagte der bayerische Ministerpräsident. Berlin gefährde so die Zukunft Deutschlands und Bayerns.
Die DZ Bank kommt in einer Branchenanalyse zu dem Schluss, dass zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland wegen eines "tiefgreifenden Strukturwandels" verschwinden werden. Konkret nannte Analyst Claus Niegsch Anforderungen durch Umweltschutz, Tierwohl und Betriebswirtschaft, den Fachkräftemangel und die oftmals nicht gelöste Nachfolgeregelung bei Familienbetrieben als Gründe. "Langfristig dürften daher immer mehr große, kapitalintensive Agrarbetriebe mit modernster Technik die Branche prägen." Der durchschnittliche bäuerliche Familienbetrieb stehe vor dem Aus.
Am kommenden Montag ist eine Großdemonstration der Landwirte am Brandenburger Tor in Berlin geplant. Mehrere Branchen wie die Fischerei und der Transportbereich haben sich angeschlossen. Auch der Gaststättenverband Dehoga ist dabei. Finanzminister Lindner will sich dann mit einer Ansprache an die Landwirte wenden, wie sein Ministerium bestätigte. Lindner hatte die angekündigte Protestwoche mit zahlreichen Straßenblockaden als "unverhältnismäßig" kritisiert. Auch inhaltlich lehnte er die Forderungen der Bauern ab und verwies auf das hohe Subventionsniveau der Branche.
G.Waters--TNT