Blinken zum Abschluss von Nahost-Reise: Niemand will Eskalation des Konflikts
US-Außenminister Antony Blinken hat sich zum Abschluss seiner Nahost-Reise vorsichtig optimistisch gezeigt, dass eine regionale Eskalation des Gaza-Kriegs vermieden werden könne. "Ich glaube nicht, dass der Konflikt eskaliert" und das wolle auch niemand, sagte Blinken am Donnerstag bei einem Besuch in Ägyptens Hauptstadt Kairo, der letzten Station seiner Nahost-Reise. Derweil gingen die Kämpfe zwischen der israelischen Armee und der islamistischen Hamas im Gazastreifen unvermindert weiter.
Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen vor rund drei Monaten haben die Angriffe auf Israel auch aus dem Libanon und aus Syrien zugenommen. Zu den meisten Angriffen bekannte sich die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz. Die israelische Armee reagierte mit verstärkten Luftangriffen auf Ziele im Libanon und in Syrien.
Bislang beschränkte sich der Beschuss auf die Grenzgebiete. Doch seit der Israel zugeschriebenen Tötung von Hamas-Vizechef Saleh al-Aruri sowie hochrangiger Hisbollah-Kommandeure im Libanon wächst international die Sorge, dass sich der Krieg auf die Region ausweiten könnte.
"Israel will das nicht. Der Libanon auch nicht. Ich glaube nicht, dass die Hisbollah das will", sagte Blinken. Die schiitische Hisbollah wird vom Iran unterstützt und ist mit der radikalislamischen Hamas verbündet, die am 7. Oktober einen beispiellosen Großangriff auf Israel verübt hatte. Beide Organisationen verstehen sich gemeinsam mit den pro-iranischen Huthis im Jemen als Teil der gegen Israel gerichteten selbsternannten "Achse des Widerstands".
Es war bereits die vierte Reise des US-Außenministers in die Region seit Beginn des Krieges. Nach Stopps in der Türkei, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Israel und im Westjordanland traf Blinken in Kairo mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi zusammen. Ägypten gilt als wichtiger Vermittler in der Region. Gemeinsam mit den USA und dem Golfemirat Katar spielte Kairo eine Schlüsselrolle bei der Vermittlung einer einwöchigen Feuerpause und der Freilassung von der Hamas verschleppter Geiseln Ende November.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte derweil bei einem Besuch in Israel am Donnerstag, er habe der israelischen Seite klargemacht, dass es seitens gemäßigter arabischer Staaten wie Oman und Saudi-Arabien die Bereitschaft für "Frieden im Nahen Osten und Frieden und Sicherheit für Israel" gebe. Dies setze jedoch voraus, "dass die Zahl der zivilen Opfer deutlich zurückgeht, dass die Strategie im Gazastreifen geändert wird und dass die Bekämpfung und Zerschlagung der Hamas mit möglichst wenig zivilen Opfern einhergeht".
Die israelische Armee nahm am Donnerstag besonders den Süden des Palästinensergebiets ins Visier. Augenzeugen berichteten von zahlreichen Angriffen auf die Stadt Chan Junis, eine Hamas-Hochburg, wo Israel die Spitzen der Islamisten sowie die von ihr und weiteren militanten Gruppen verschleppten Geiseln vermutet. Die Hamas erklärte, mindestens 62 Menschen seien bei Angriffen in der Nacht getötet worden.
Israels Armee erklärte, östlich von Chan Junis seien "Tunnelschächte, Tunnelrouten sowie zahlreiche Waffen und Materialien" gefunden sowie "Dutzende von Terroristen" getötet worden. Die Armee wies Vorwürfe zurück, wonach sie für einen tödlichen Angriff auf einen Krankenwagen im Zentrum des Gazastreifens verantwortlich gewesen sei. Eine Überprüfung habe ergeben, "dass in dem beschriebenen Gebiet kein Angriff stattgefunden hat". Bei dem Angrif waren nach Angaben des Palästinensischen Roten Halbmonds am Mittwoch sechs Menschen getötet worden.
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas wurde durch einen beispiellosen Großangriff der islamistischen Palästinenserorganisation ausgelöst. Am 7. Oktober drangen hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas nach Israel ein und verübten Gräueltaten überwiegend an Zivilisten. Nach israelischen Angaben wurden etwa 1140 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Als Reaktion erklärte Israel der Hamas den Krieg und greift seither massiv Ziele im Gazastreifen an. Nach nicht unabhängig überprüfbaren Hamas-Angaben wurden in dem Palästinensergebiet bisher mehr als 23.400 Menschen getötet, die meisten von ihnen Zivilisten.
K.M.Thompson--TNT