Baerbock ruft Israel zu Mäßigung im Gaza-Krieg auf - und sagt Solidarität zu
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Israel zur Mäßigung beim Militäreinsatz im Gazastreifen aufgerufen. "Das Leid vieler unschuldiger Beteiligter kann so nicht weitergehen, wir brauchen eine weniger intensive Operationsführung", sagte Baerbock am Sonntagabend nach Unterredungen mit Außenminister Israel Katz und Präsident Isaac Herzog in Jerusalem. Baerbock kritisierte zudem den Siedlungsbau in den besetzten Gebieten und die zunehmende Gewalt von Siedlern gegen Palästinenser. Zugleich bekräftigte sie die deutsche Unterstützung für Israels legitime Selbstverteidigung.
"Es wird immer klarer: Die israelische Armee muss mehr tun, um die Zivilistinnen und Zivilisten in Gaza zu schützen", sagte Baerbock. "Sie muss Wege finden, Hamas zu bekämpfen, ohne dass so viele palästinensische Menschen Schaden erleiden."
Die Außenministerin warnte eindringlich vor Überlegungen zu einer Vertreibung von Palästinensern aus dem Gazastreifen, wie sie kürzlich von ultrarechten israelischen Ministern lanciert worden waren. Es sei "unumstößlich: Gaza gehört den Palästinensern", betonte Baerbock. "Sie dürfen aus Gaza nicht vertrieben werden."
Zugleich versicherte Baerbock Israels Regierung der tatkräftigen Solidarität Deutschlands. In ihren Gesprächen habe sie "erneut versichert: Ihr Land kann auf unsere Solidarität im Kampf gegen den blinden Terror, der Israel von der Landkarte ausradieren möchte, fest bauen". Israel könne "sicher sein: Das legitime Selbstverteidigungsrecht Israels im Rahmen des humanitären Völkerrechts verteidigt Deutschland international überall".
An die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas appellierte Baerbock, die Angriffe auf Israel einzustellen und alle Geiseln freizulassen. "Wenn Hamas diesen sinnlosen Kampf nicht fanatisch fortsetzen würde, wäre der Krieg schon längst vorbei", sagte Baerbock.
Die Ministerin forderte die israelische Regierung auch auf, konstruktive Pläne für die Zeit nach dem aktuellen Militäreinsatz im Gazastreifen auszuarbeiten. Sie habe in ihren Gesprächen mit Katz und Herzog "deutlich gesagt: Wie die israelische Regierung diesen Krieg führt, wie die israelische Regierung an das Danach denkt, wie die israelische Regierung auch das Leid der Palästinenser sieht, berührt Israels eigene Sicherheit."
Baerbock rief dazu auf, mit einer reformierten palästinensischen Autonomiebehörde als Partnerin über eine Zwei-Staaten-Lösung zu verhandeln - ein Vorhaben, das bislang allerdings bei Israels rechtsreligiöser Regierung auf Ablehnung stößt.
"Eine reformierte Autonomiebehörde ist die gewaltfreie Alternative zur Hamas", sagte die Ministerin. Sie forderte Israel auf, nun jene Finanzmittel freizugeben, die der Autonomiebehörde zustehen. "Das ist für die Stabilität des Westjordanlands und damit auch Israels unverzichtbar."
Scharf kritisierte Baerbock die jüngsten gewaltsamen Übergriffe jüdischer Sieder gegen Palästinenser im Westjordanland. Sie habe in den Gesprächen in Jerusalem "unsere tiefe Sorge über Gewalt und Vertreibung von Menschen im Westjordanland durch radikale Siedler unterstrichen", sagte Baerbock. "Diese Gewalt hat seit dem 7. Oktober drastisch zugenommen. Diese Gewalt muss enden." Hier stehe Israel "in der Pflicht, Palästinenserinnen und Palästinenser zu schützen".
Am Montag will Baerbock zu einem Besuch ins Westjordanland reisen - und dabei auch mit Palästinensern zusammenkommen, die vor der Gewalt extremistischer Siedler geflohen sind. Weitere Stationen von Baerbocks Nahost-Reise - der vierten seit dem 7. Oktober - sind Ägypten und der Libanon.
Die Gefahr einer regionalen Ausweitung des aktuellen Konflikts zwischen Israel und der Hamas sei noch längst nicht gebannt, warnte Baerbock. "Nie war die Gefahr so groß, dass ein einziger weiterer Funke einen Flächenbrand entzünden kann." Sie verwies auf die Raketenangriffe der mit dem Iran verbündeten Milizen Hisbollah im Libanon und Huthis im Jemen. "Auch gegen diese Angriffe darf Israel sich verteidigen, muss Israel sich verteidigen", sagte die Ministerin.
Dabei rief sie Israel aber auch zur Mäßigung auf. "Es darf nicht in einem Schlagabtausch münden, dessen Ende niemand absehen kann", sagte die Außenministerin. "Wir müssen alles tun, dass kein regionaler Konflikt ausbricht."
A.M.Murray--TNT