Mit Treckern gegen die Ampel: Bauern wollen ab Montag protestieren und blockieren
Obwohl die Bundesregierung die geplanten Kürzungen im Agrarbereich weitgehend zurückgenommen hat, bereiten die deutschen Landwirte gemeinsam mit dem Transportsektor und weiteren Branchen massive bundesweite Proteste ab Montag vor. Polizei und Behörden rechnen mit starken Verkehrsbeeinträchtigungen. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kritisierten die angekündigten Blockaden. Die Unionsparteien, Freie Wähler und die AfD unterstützen hingegen die Landwirte.
Bundesweit erwarten Polizeibehörden am Montag Straßenblockaden und weitere Aktionen mit Treckern und anderem landwirtschaftlichen Gerät. Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern erlaubten zur Sicherung der Versorgung deshalb ausnahmsweise den Warenferntransport am Sonntag. In Hamburg führte die Aussetzung des Sonntagsfahrverbots wegen der Proteste bereits zu Staus. In mehreren Bundesländern gelten zudem Sonderregeln für Schüler wegen möglicher Schwierigkeiten auf dem Schulweg.
Die Polizeigewerkschaft in Bayern befürchtet eine Überlastung der Behörden und kritisierte die Landwirte. "Viele Aktionen schießen da nicht nur rechtlich weit übers Ziel hinaus, sie stellen in Teilen auch Verkehrsgefährdungen sowie Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar", erklärte Polizeigewerkschafter Thorsten Grimm. Die Polizeigwerkschaft im Nachbarbundesland relativierte jedoch: "Die Aktionen der Bauern in Baden-Württemberg waren bisher friedlich und erfolgten mit breiter Zustimmung der Gesellschaft."
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat zu einer Protestwoche aufgerufen. Entzündet hatte sich die Wut der Landwirte an geplanten Subventionskürzungen im Zuge der Haushaltskrise. Die Bundesregierung hat die Kürzungspläne mittlerweile wieder weitgehend einkassiert, der DBV hält dennoch an den Protesten fest. Der Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) begründete dies mit tiefer liegenden Problemen: Es gehe "längst um viel mehr als Agrardiesel und eine Kfz-Steuerbegünstigung".
Weitere Branchen schlossen sich an, etwa Fischereiverbände und der bayerische Hotel- und Gaststättenverband. "Wir solidarisieren uns mit den Bauern und werden ab Montag auch bei den Kundgebungen dabei sein", erklärten die Gastwirte.
FDP-Chef Lindner kritisierte die angekündigten Proteste als "unverhältnismäßig". "Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um", appellierte er an die Landwirte. Inhaltlich erteilte er den Bauern eine Absage: Die Branche profitiere etwa von der gesenkten Stromsteuer und fordere neue Fördermittel für den Stallumbau. "Wer neue Subventionen will, muss auch auf alte verzichten."
"Blockaden lösen keine Probleme", kritisierte auch Innenministerin Faeser. "Wer andere Menschen, die eilig zur Arbeit, zur Schule oder zum Arzt müssen, im Alltag blockiert, der sorgt in allererster Linie für Wut und Unverständnis", sagte sie der Düsseldorfer "Rheinischen Post".
Mehrere Unionspolitiker äußerten hingegen Verständnis für den Unmut der Landwirte, unterstrichen aber auch, dass die Proteste im rechtsstaatlichen Rahmen bleiben müssten. Auch die AfD solidarisierte sich mit den Protestierenden. "Wir unterstützen, dass die Bauern und andere Bürger friedlich für ihr Recht und ihre Interessen demonstrieren", erkärte die Partei.
Nach einer viel kritisierten Blockade-Aktion gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Schleswig-Holstein am Donnerstag wurde eine zunehmende Radikalisierung der Landwirte und Unterwanderung der Proteste durch extremistische Gruppen befürchtet. Der Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, sieht darin eine gezielte Verunglimpfung "von linker Seite". Die "überwältigende Mehrheit der Landwirte" habe mit Extremismus nichts zu tun. "Es ist politisch äußerst unanständig, damit die berechtigten Bauernproteste in Misskredit bringen zu wollen", sagte er der "Welt".
Vertreter der Bauernverbände distanzierten sich wiederholt von Gewalt und extremistischer Einflussnahme. DBV-Präsident Joachim Rukwied erklärte die Teilnahme rechter Gruppierungen an den Bauernprotesten für unerwünscht. Sicherheitsbehörden verzeichneten zuletzt aber diverse Mobilisierungsaufrufe und Solidaritätsbekundungen von Rechtsextremisten, Gruppierungen der Neuen Rechten und der Querdenker-Szene. Das Bundeskriminalamt erklärte, dass zumindest mit Blick auf die offiziellen Veranstaltungen keine "gefährdungsrelevanten Erkenntnisse" vorlägen.
V.Allen--TNT