Neue Luftangriffe im Gazastreifen - Furcht vor Eskalation in Nahost
Inmitten zunehmender Befürchtungen um eine Ausweitung des Nahost-Krieges setzt Israel seine Angriffe im Gazastreifen unvermindert fort. Das von der islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium sprach am Donnerstag von "dutzenden Märtyrern und mehr als 100 Verletzten" durch neue Luft- und Artillerieangriffe. Angesichts der befürchteten weiteren Eskalation in Nahost wollte US-Außenminister Antony Blinken am Donnerstagabend erneut in die Region reisen.
Laut einem Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP kam es in der Nacht zum Donnerstag zu besonders heftigen Luftangriffen und Artilleriebeschuss in der Stadt Chan Junis im Süden des Palästinensergebiets. Die israelische Armee sprach ihrerseits davon, Angriffe auf ein Hamas-Waffenlager in Chan Junis sowie Angriffe gegen "Terroristen" ausgeführt zu haben, die Sprengstoff in der Nähe von Soldaten hätten platzieren wollen. Derweil warnten am Donnerstag in Aschkelon in Südisrael die Alarmsirenen vor Raketenbeschuss durch die Hamas.
Am 7. Oktober hatten hunderte Hamas-Kämpfer in einem beispiellosen Angriff Israel überfallen. Dabei wurden rund 1140 Menschen getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel greift seither in einer massiven Militärkampagne Ziele im Gazastreifen an und tötete nach neuen Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 22.400 Menschen.
Seitdem haben sich auch die Spannungen mit anderen Ländern des Nahen Ostens verschärft. In der Hoffnung, die Lage zu entspannen, wollte US-Außenminister Blinken am Donnerstagabend seine vierte Nahost-Reise antreten und nach Angaben aus Regierungskreisen unter anderem Israel besuchen. Bei seinen Reisen in den vergangenen Wochen hatte der US-Chefdiplomat auch mehrere arabische Länder besucht.
Vor Bekanntwerden von Blinkens erneuter Nahost-Reise hatte US-Außenamtssprecher Matthew Miller erklärt, kein Land habe "Interesse an einer Eskalation" in der Region. Zudem trat Miller Äußerungen aus Teheran entgegen, die USA könnten an einem Anschlag in der südiranischen Stadt Kerman zu tun haben. "Jegliche Andeutung" einer US-Beteiligung sei "lächerlich". Seine Regierung habe auch "keinen Grund zu der Annahme", dass Israel mit dem Vorfall zu tun habe, sagte Miller.
Am Mittwoch waren bei dem Bombenanschlag in Kerman nahe dem Grab des 2020 von den USA getöteten Generals Kassem Soleimani nach neuesten Angaben in Staatsmedien mindestens 84 Menschen gestorben. Weitere 284 seien verletzt worden, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Irna den Leiter der iranischen Rettungsdienste. Am Mittwoch hatten sich an Soleimanis viertem Todestag zahlreiche Menschen auf dem Gelände versammelt, auf dem sich das Grab befindet. Die Führung in Teheran sprach von einer "terroristischen Tat".
Der iranische Präsidentenberater Mohammad Dschamschidi machte Israel und die USA für den Anschlag verantwortlich. Die "Verantwortung für dieses Verbrechen" liege "bei den USA und dem zionistischen Regime und der Terrorismus ist nur ein Werkzeug", schrieb Dschamschidi im Online-Dienst X, vormals Twitter. Die iranische Regierung erklärte den Donnerstag angesichts des Anschlags "zu einem Tag der öffentlichen Trauer im ganzen Land".
Schon zuvor hatten sich die Spannungen mit Israels nördlichem Nachbar Libanon weiter verschärft. In einem Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut war am Dienstag bei einem weithin Israel zugeschriebenen Drohnenangriff der Vizechef der Hamas, Saleh al-Aruri, getötet worden. Auch ein US-Beamter in Washington gab an, dass der Tod al-Aruris auf einen israelischen Angriff zurückzuführen sei.
Die mit der Hamas verbündete Hisbollah im Libanon, die wiederum vom Iran unterstützt wird, drohte mit Vergeltung für die Tötung al-Aruris. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah warnte Israel vor einem Krieg gegen den Libanon, den seine Miliz dann "ohne Regeln, ohne Grenzen" führen würde. Israel äußerte sich nicht zu den Vorwürfen.
Seit Beginn des Konflikts verschärft sich zudem auch die Lage in Syrien und im Irak, wo US-Militärstützpunkte zum Angriffsziel werden. Überdies greifen die pro-iranischen Huthi-Rebellen im Jemen immer wieder Frachtschiffe an und erklären, dies aus Solidarität mit der Hamas im Gazastreifen zu tun.
G.Waters--TNT