Mindestens 30 Tote bei massiven russischen Angriffen auf die Ukraine
Bei einer der heftigsten russischen Angriffswellen auf die Ukraine seit Kriegsbeginn sind ukrainischen Angaben zufolge mindestens 30 Menschen getötet und mehr als 160 weitere verletzt worden. International wurden die russischen Angriffe am Freitagmorgen scharf kritisiert.
Nach ukrainischen Behördenangaben richteten sich die Angriffe mit Raketen, Drohnen und Marschflugkörpern gegen mindestens sechs Regionen des Landes, darunter Charkiw im Nordosten, Lwiw im Westen, Dnipro im Osten und Odessa im Süden. Dabei wurden unter anderem Schulen, eine Geburtsklinik, Einkaufzentren und Wohnhäuser angegriffen. Getroffen wurden auch wichtige Infrastruktur sowie militärische und zivile Industrieanlagen, wie der Generalstab mitteilte. Demnach setzte Russland 158 Drohnen und Raketen ein. 88 Raketen und 27 Drohnen seien zerstört worden.
Es handele sich um eine "Rekordzahl" von Raketen, sagte Luftwaffen-Sprecher Juri Ignat. Abgesehen von den ersten Kriegstagen im Februar 2022 seien es die bislang "massivsten Angriffe" auf die Ukraine gewesen. Russland versuchte dabei die Luftabwehr über den ukrainischen Großstädten zu überwältigen, indem es eine Welle von Schahed-Kampfdrohnen startete, denen Raketen folgten.
Innenminister Ihor Klymenko erklärte auf Telegram, bei den Angriffen seien 30 Menschen getötet und mehr als 160 verletzt worden. Die russische Armee erklärte in ihrem täglichen Lagebericht lediglich, dass sie im Zeitraum vom 23. bis 29. Dezember "50 Gruppenangriffe und einen massiven Angriff" ausgeführt habe. Dabei seien "alle Ziele" getroffen worden.
Polnischen Armeeangaben zufolge durchflog am Freitagmorgen eine russische Rakete den Luftraum des Nato-Mitglieds Polen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte auf X, die Nato sei "solidarisch" mit Polen und bleibe "wachsam".
Der Stabschef des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, erklärte in Online-Netzwerken, die Ukraine tue alles, um ihre Luftabwehr zu verstärken. "Aber die Welt muss sehen, dass wir mehr Hilfe und Mittel brauchen, um diesen Terror zu stoppen."
Großbritannien kündigte wenig später die Lieferung von rund 200 Luftabwehrraketen an Kiew an. Die Angriffe zeigten, dass der russische Präsident "vor nichts zurückschrecken wird", erklärte Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak.
US-Präsident Joe Biden rief den Kongress in Washington auf, seine Spaltung zu überwinden und neuen Hilfen für die Ukraine zuzustimmen. Der Kongress müsse "unverzüglich handeln", forderte Biden.
Am Mittwoch hatte Washington die vorerst letzte Militärhilfe für die Ukraine im Umfang von 250 Millionen Dollar (gut 226 Millionen Euro) freigegeben. Weitere US-Hilfen werden bislang von Teilen der Republikaner im Repräsentantenhaus blockiert.
In der ukrainischen Hauptstadt Kiew wurden nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko bei den Angriffen mindestens sieben Menschen getötet. Im nördlichen Stadtteil Podil stand ein 3000 Quadratmeter großer Hangar in Flammen. Zudem wurden eine als Luftschutzbunker genutzte U-Bahn-Station in der Nähe der Waffenfabrik Artjom und mehrere Wohnhäuser beschädigt.
In Dnipro wurde nach Angaben des Gesundheitsministeriums eine Entbindungsklinik "schwer beschädigt", zwölf Gebärende, vier Neugeborene und das Personal hätten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen können. In der Region Dnipropetrowsk starben sechs Menschen bei Angriffen auf ein Einkaufszentrum, Privathäuser und Verwaltungsgebäude.
Nach rund 20 Angriffen auf Charkiw meldete der Gouverneur der Stadt, Oleg Synegubow, drei Tote und elf Verletzte. In Saporischschja starben laut Gouverneur Juri Malaschko sieben Menschen, in der Region Odessa wurden vier Menschen getötet. Auch die westukrainische Stadt Lwiw blieb dieses Mal nicht von Angriffen verschont, laut Innenministerium wurde dort ein Mensch getötet, 15 weitere wurden verletzt.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach auf X von einem "weiteren feigen und wahllosen Angriff". Die EU stehe an der Seite der Ukraine, "solange es nötig ist", betonte er. Das Außenministerium in Paris verurteilte die "Strategie des Terrors".
Die humanitäre UN-Koordinatorin für die Ukraine, Denise Brown, sprach im Onlinedienst X von einer "hasserfüllten Welle von Angriffen auf Wohngebiete der Ukraine". Die se seien ein "weiteres inakzeptables Beispiel für die schreckliche Realität", mit der das ukrainische Volk konfrontiert sei, erklärte sie.
UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk forderte Moskau auf, "seine Angriffe auf die Ukraine sofort einzustellen" und alle Regeln des Völkerrechts zu respektieren.
I.Paterson--TNT