Argentiniens Präsident Milei bringt weitreichende Deregulierung auf den Weg
Argentiniens neuer Präsident Javier Milei hat die von ihm angekündigte "Schocktherapie" für das Land auf den Weg gebracht. In einer Fernsehansprache kündigte der ultraliberale Rechtspopulist am Mittwoch ein Dekret für eine umfassende Deregulierung der Wirtschaft an - unter anderem im Arbeitsrecht, Mietrecht und zur Privatisierung von Staatsunternehmen. In der Hauptstadt Buenos Aires reagierten Menschen in mehreren Vierteln mit Protesten gegen die Maßnahmen.
Das Dekret sieht vor, dass 300 bestehende Gesetze geändert oder abgeschafft werden sollen. Es wurde um Mitternacht im argentinischen Amtsblatt veröffentlicht und ist somit rechtskräftig. Innerhalb von zehn Tagen muss das Vorhaben nun jedoch einem Ausschuss aus Mitgliedern beider argentinischer Kongresskammern vorgelegt werden.
Mileis rechtsradikale Partei La Libertad Avanza ist in beiden Kammern in der Minderheit, mit nur 40 von 257 Abgeordneten und sieben von 72 Senatoren. Allerdings müssten sowohl Abgeordnetenhaus als auch Senat das Dekret zurückweisen, um die Reformen noch zu blockieren, erklärte Verfassungsrechtler Emiliano Vitaliani gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.
Milei selbst sagte zu dem Deregulierungspaket in seiner Fernsehansprache, Ziel sei es, "den Weg für einen Wiederaufbau des Landes einzuschlagen, den Menschen die Freiheit und Autonomie zurückzugeben und anzufangen, die riesige Zahl an Gesetzen abzubauen, die das Wirtschaftswachstum in unserem Land aufgehalten, gestört und verhindert haben", sagte Milei.
Unter anderem soll ein Gesetz zur Regulierung von Mieten abgeschafft werden. Der Immobilienmarkt müsse wieder "ohne Probleme" funktionieren, damit die Wohnungssuche keiner "Odyssee" gleiche, sagte Milei. Auch soll eine Privatisierung von Staatsunternehmen wie dem Erdölkonzern YPF und der Fluggesellschaft Aerolíneas Argentinas ermöglicht werden.
Durch eine Reform des Arbeitsrechts soll die Schaffung von "echten Jobs" erleichtert werden. Dereguliert werden sollen auch Sektoren wie Gesundheit, Tourismus, Internet und Handel.
Milei sagte zu seinen Reformplänen weiter, in den vergangenen hundert Jahren seien Politiker damit beschäftigt gewesen, "die Macht des Staates zum Nachteil der argentinischen Bürger auszuweiten". Milei sagte weiter: "Unser Land, das in den 1920er Jahren die führende Weltmacht war, wurde in den letzten hundert Jahren in eine Reihe von Krisen verwickelt, die alle denselben Ursprung haben: das Haushaltsdefizit."
Der im November gewählte Milei hatte dem hochverschuldeten Land bei seinem Amtsantritt am 10. Dezember eine "Schocktherapie" in Aussicht gestellt. Der 53-jährige Politikneuling hat die drittgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas inmitten einer schweren Wirtschaftskrise übernommen: Die Inflation ist auf mehr als 160 Prozent angestiegen, mehr als 40 Prozent der Bevölkerung leben in Armut.
Die neue Regierung hat die Landeswährung Peso bereits um mehr als 50 Prozent abgewertet.
In Buenos Aires kommt es seit Mittwoch zu den ersten größeren Demonstrationen gegen Milei seit dessen Amtsübernahme. In mehreren Vierteln schlugen Anwohner auf Kochtöpfe, in den Straßen nahe des argentinischen Kongresses versammelten sich tausende Demonstranten.
Lewis--TNT