Hoffnungen auf Feuerpause im Gazakrieg
Im Gazakrieg deutet sich eine grundsätzliche Bereitschaft zu einer erneuten Feuerpause sowohl auf Seiten Israels als auch der radikalislamischen Hamas an. Hamas-Chef Ismail Hanija traf am Mittwoch zu Gesprächen in Ägypten ein. Zuvor hatte Israels Staatschef Isaac Herzog erklärt, sein Land sei "bereit zu einer neuen humanitären Pause und zusätzlicher humanitärer Hilfe, um eine Freilassung der Geiseln zu ermöglichen". Unterdessen vertagte der UN-Sicherheitsrat abermals die geplante Abstimmung über eine Resolution zum Gazakrieg.
Es handele sich bei den Gesprächen zwischen Israel und Hamas um "sehr ernsthafte Diskussionen und Verhandlungen", gab der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby, an. Indes schloss der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu einen Waffenstillstand vor der "Eliminierung der Hamas", der Freilassung der Geiseln und dem "Ende der Bedrohung durch den Gazastreifen" aus.
Wie die Nachrichtenagentur AFP aus Hamas-Kreisen erfuhr, wollte der in Katar lebende Hanija mit dem ägyptischen Geheimdienstchef Abbas Kamel "über die Beendigung der Aggression und des Krieges, die Vorbereitung eines Abkommens über die Freilassung von Gefangenen und das Ende der Belagerung des Gazastreifens" sprechen. Ägypten gilt als ein wichtiger Vermittler zwischen Israel und den Palästinensern.
Vor seiner Abreise war Hanija in Doha mit dem iranischen Außenminister Hossein Amir Abdollahian zusammengekommen. Aus dem Umfeld der mit der Hamas verbündeten militanten Palästinensergruppe Islamischer Dschihad verlautete, dass auch deren Chef Siad al-Nachala zu Beginn der kommenden Woche nach Ägypten reisen werde.
Im November waren im Zuge einer von Katar, Ägypten und den USA vermittelten einwöchigen humanitären Feuerpause insgesamt 105 aus Israel verschleppte Geiseln und 240 in Israel inhaftierte Palästinenser freigekommen.
Nach israelischen Angaben befinden sich derzeit noch 129 Geiseln im Gazastreifen. Bei einem Treffen mit den Familien der Geiseln betonte Israels Regierungschef Netanjahu, sein Geheimdienstchef David Barnea arbeite an einer Freilassung aller Verschleppten. Wie AFP aus Verhandlungskreisen erfuhr, traf sich Barnea in dieser Woche mit dem Leiter des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, Bill Burns, sowie Katars Regierungschef Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani im polnischen Warschau.
Während international die Kritik am israelischen Vorgehen im Gazastreifen wächst, sagte US-Außenminister Antony Blinken, dass die Welt nicht nur auf Israel, sondern auch auf die Hamas Druck ausüben müsse. Er sprach von einem "Schweigen darüber, was die Hamas tun könnte, tun sollte, tun müsste, wenn wir das Leiden unschuldiger Männer, Frauen und Kinder beenden wollen".
Auf internationaler Ebene vertagte der UN-Sicherheitsrat am Mittwoch abermals eine Abstimmung über eine neue Resolution zum Gazakrieg mit dem Aufruf zu einer Feuerpause. Die Mitglieder ringen um eine geeignete Formulierung, um ein Veto der USA, dem wichtigsten Verbündeten Israels, zu vermeiden. Die USA hätten "intensiv" daran gearbeitet, sagte Blinken am Mittwoch. "Ich hoffe, wir kommen zu einem guten Ergebnis."
Der ursprünglich von den Vereinigten Arabischen Emiraten vorgelegte Resolutionsentwurf hatte eine "dringende und dauerhafte Einstellung der Kämpfe" gefordert. In der nun abgeänderten Version ist laut Informationen aus Diplomatenkreisen nur noch von einer "Aussetzung" der Kämpfe die Rede.
"Wir hoffen, dass der Sicherheitsrat seine Stimme für eine ausgereifte Resolution erhebt", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch bei einem Treffen mit den Mitgliedsländern der Arabischen Liga. Auch diese sprachen sich für die Annahme der Resolution aus.
Israel und die Hamas befinden sich seit mehr als zwei Monaten im Krieg. Am 7. Oktober waren hunderte Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas in israelische Orte eingedrungen und hatten dort Gräueltaten an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden rund 1140 Menschen getötet und etwa 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Als Reaktion bombardiert die israelische Armee seither Ziele im Gazastreifen und startete eine Bodenoffensive. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, bislang mindestens 20.000 Menschen getötet.
Unterdessen gingen die Kämpfe im Gazastreifen am Mittwoch weiter. Das israelische Militär meldete Häuserkämpfe und mehr als 300 Angriffe innerhalb eines Tages. Diese richteten sich demnach gegen "dutzende Terroristen und terroristische Infrastrukturen", darunter Raketenabschussgebiete und militärische Kontrollzentren in Chan Junis im Süden des Palästinensergebiets.
Bei den Kämpfen wurde einem Medienbericht zufolge auch ein Deutscher getötet. "Wir wurden von den israelischen Streitkräften (IDF) informiert, dass leider ein deutscher Staatsangehöriger unter den Opfern der Kämpfe in Gaza ist", erklärte das Auswärtige Amt nach Angaben der "Bild"-Zeitung. Der Deutsch-Israeli Urija B. hatte nach Angaben der Zeitung im Süden des Gazastreifens für eine israelische Eliteeinheit gegen die Hamas gekämpft, wo er vergangene Woche Donnerstag verletzt wurde.
Die Hamas meldete Angriffe auf die südlichen Orte Rafah und Chan Junis, Deir al-Balah im Zentrum des Küstenstreifens sowie auf die Stadt Gaza im Norden. Laut Hamas-Angaben wurden dabei mindestens zwölf Menschen getötet.
I.Paterson--TNT