The National Times - Zweifel an angekündigter russischer Zurückhaltung in der Nordukraine

Zweifel an angekündigter russischer Zurückhaltung in der Nordukraine


Zweifel an angekündigter russischer Zurückhaltung in der Nordukraine
Zweifel an angekündigter russischer Zurückhaltung in der Nordukraine

Ukrainische und westliche Spitzenmilitärs haben Zweifel an der von Russland angekündigten Reduktion der militärischen Aktivitäten in der Nordukraine geäußert. Der ukrainische Generalstab erklärte in der Nacht zum Mittwoch: "Der sogenannte 'Truppenabzug' ist wahrscheinlich eine Rotation einzelner Einheiten, die darauf abzielt, die militärische Führung der ukrainischen Streitkräfte zu täuschen". Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach am Dienstag von "positiven" Signalen aus Moskau, versicherte aber, dass die Ukraine vorerst weiter kämpfen werde.

Textgröße ändern:

Russlands Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin hatte nach den rund dreistündigen Gesprächen am Dienstag in Istanbul gesagt, "um das Vertrauen zu stärken", sei die "radikale" Reduzierung der militärischen Aktivitäten Russlands bei Kiew und der nördlich davon gelegenen Stadt Tschernihiw beschlossen worden. Der russische Chefunterhändler Wladimir Medinski sprach von einer "bedeutsamen Diskussion" in Istanbul. Die ukrainischen Vorschläge würden nun Kreml-Chef Wladimir Putin vorgelegt.

Die ukrainische Seite hatte ein "internationales Abkommen" vorgeschlagen, um die Sicherheit der Ukraine zu garantieren. Mehrere Länder sollten als Unterzeichnerstaaten die Garanten sein, erklärte der ukrainische Chefunterhändler David Arachamia und verwies auf den Artikel 5 der Nato. Der Bündnisfall-Artikel sieht vor, dass ein Angriff auf ein Land des Verteidigungsbündnisses als Angriff auf alle Bündnisstaaten gewertet wird.

Als Garantie-Staaten kommen demnach für Kiew unter anderen die USA, China, Frankreich und Großbritannien als ständige UN-Sicherheitsratsmitglieder sowie die Türkei, Deutschland, Polen und Israel in Frage. Arachamia machte ebenfalls deutlich, dass aus seiner Sicht die Ergebnisse von Istanbul "ausreichend" seien für ein Treffen von Selenskyj mit Kreml-Chef Putin.

Die von Russland annektierte Krim und die von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebiete im Osten wären erst einmal nicht Teil einer solchen Vereinbarung; über diese soll getrennt beraten werden.

Die Ukraine hat in den vergangenen Wochen bereits deutlich gemacht, dass sie zum Verzicht auf einen Nato-Beitritt und möglicherweise auch zur Neutralität bereit wäre, wenn sie im Gegenzug umfassende Sicherheitsgarantien erhält. Russland hatte als zentrale Ziele seines Angriffskriegs in der Ukraine die Neutralität, die "Demilitarisierung" und "Entnazifizierung" des Nachbarlandes ausgegeben.

Die eigentlich bis Mittwoch angesetzten Verhandlungen in Istanbul wurden beendet. Russischen Angaben zufolge sollen die Gespräche per Videoschalte fortgesetzt werden.

"Die russische Armee hat immer noch ein großes Potenzial, um die Angriffe auf unseren Staat fortzusetzen", sagte Selenskyj am Dienstagabend in einer Videobotschaft. Deshalb werde die Ukraine ihre Verteidigungsanstrengungen nicht verringern. Auch sollte es keinerlei Aufhebung von Sanktionen gegen Russland geben. Dies "kann erst in Betracht gezogen werden, wenn der Krieg vorbei ist und wir zurückbekommen, was uns gehört".

Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und die USA kündigten an, den Sanktionsdruck gegen Russland beibehalten zu wollen. Nach einem Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Boris Johnson und dem italienischen Regierungschef Mario Draghi sagte US-Präsident Joe Biden zu den russischen Ankündigungen: "Wir werden sehen, ob sie das wahr machen."

Das US-Verteidigungsministerium zeigte sich höchst skeptisch. Pentagon-Sprecher John Kirby sagte, bislang scheine sich nur eine "kleine Zahl" russischer Soldaten von Kiew zu entfernen. Das sei aber kein "Rückzug", sondern eine "Neupositionierung" der Truppen.

Das britische Verteidigungsministerium nannte es auf Twitter "sehr wahrscheinlich, dass Russland versucht, seine Schlagkraft vom Norden auf die (separatistischen) Regionen Donezk und Lugansk im Osten zu verlagern". Großbritannien will am Donnerstag eine Geberkonferenz abhalten, um mehr Waffen an die Ukraine zu liefern.

Die Kämpfe in der Ukraine gingen derweil weiter. Bei einem russischen Angriff auf die Regionalverwaltung in der südukrainischen Stadt Mykolajiw wurden nach ukrainischen Angaben zwölf Menschen getötet und 33 weitere verletzt. Die russischen Streitkräfte beschossen in der Westukraine zudem den Militärflughafen von Starokostjantyniw und zerstörten ukrainischen Angaben zufolge die dortigen Treibstoffvorräte vollständig.

S.Collins--TNT

Empfohlen

Nach Angriffsversuch auf Residenz: Netanjahu droht Iran und dessen Verbündeten

Nach einem fehlgeschlagenen Drohnenangriff auf eines seiner Anwesen hat der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu dem Iran und dessen Verbündeten einen Attentatsversuch vorgeworfen. Den Versuch, ihn und seine Frau "zu ermorden", würden der Iran und dessen Verbündete noch "bereuen", erklärte Netanjahu am Samstagabend. Die Behörden im Gazastreifen meldeten indes mehr als 70 Tote infolge eines israelischen Luftangriffs. Israels Armee ordnete ihrerseits weitere Evakuierungen in der libanesischen Hauptstadt Beirut an.

Linke beendet Parteitag mit Reden der neuen Vorsitzenden

Die Linkspartei beendet am Sonntag ihren dreitägigen Bundesparteitag in Halle an der Saale. Zum Abschluss sollen die am Samstag neu gewählten Parteivorsitzenden Ines Schwerdtner und Jan van Aken zu den Delegierten sprechen. Mit ihnen und den weiteren neu gewählten Mitgliedern des Parteivorstands erhofft sich die Linke einen Neustart und im kommenden Jahr den Wiedereinzug in den Bundestag.

Historikerin Anne Applebaum erhält Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse wird am Sonntag (10.45 Uhr) in Frankfurt am Main der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen. Die Auszeichnung geht in diesem Jahr an die US-polnische Journalistin und Historikerin Anne Applebaum, die sich in ihren Büchern der Geschichte der kommunistischen Systeme in Osteuropa und aktuellen Gefährdungen der Demokratie durch autokratische Wahlsieger und die Verbreitung von Propaganda widmet.

Republik Moldau stimmt über Staatsoberhaupt und EU-Beitritt als Ziel ab

Unter dem Eindruck des Krieges in der benachbarten Ukraine findet in der Republik Moldau am Sonntag die Präsidentschaftswahl statt. Die Abstimmung gilt als richtungsweisend: Die Favoritin und Amtsinhaberin Maia Sandu will das südosteuropäische Land in die EU führen. Sie tritt gegen zehn Gegenkandidaten an, von denen einige engere Beziehungen zu Moskau anstreben. Zugleich entscheiden die Moldauer in einem Referendum über eine Verfassungsänderung zugunsten eines EU-Beitritts.

Textgröße ändern: