Familie: Iranische Nobelpreisträgerin verweigert Teilnahme an Gerichtsanhörung
Die inhaftierte iranische Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi hat sich nach Angaben ihrer Familie geweigert, bei der ersten Gerichtsanhörung seit der Nobelpreisverleihung zu erscheinen. Sie lehne es ab, "mit Geheimdiensten verbundenen Richtern" und "Gerichten, die inszenierte Prozesse" abhielten, "Glaubwürdigkeit oder Autorität zu verleihen", erklärte die 51-Jährige in einem von ihrer Familie veröffentlichten Eintrag im Onlinedienst Instagram. Das Revolutionsgericht sei "das Schlachthaus der iranischen Jugend, und ich werde keinen Fuß in dieses Schlachthaus setzen".
Mohammadis 17 Jahre alten Zwillinge hatten am 10. Dezember in Oslo stellvertretend für ihre Mutter den Friedensnobelpreis entgegen genommen. In der von den beiden vorgelesenen Preisrede prangerte diese das "tyrannische und frauenfeindliche Regime" im Iran an.
Die Anklage für den neuen Prozess war zunächst nicht bekannt. Vermutlich geht es wie bei zwei vorigen Prozessen um Mohammadis Aktivitäten im Gefängnis. Die engagierte Kämpferin für Frauen- und Menschenrechte setzt sich auch in der Haft weiter für diese Anliegen ein. So hatte Mohammadi im November per Hungerstreik durchgesetzt, dass sie ohne das vorgeschriebene Kopftuch in ein Krankenhaus gebracht wurde, wo sie ein Herzproblem behandeln ließ.
Nach Angaben der Familie ist es der dritte Prozess gegen Mohammadi im Zusammenhang mit ihren Aktivitäten im Gefängnis. Demnach droht der Menschenrechtsaktivistin im Falle einer Verurteilung die Verbüßung ihrer Haftstrafe in einem Gefängnis außerhalb der iranischen Hauptstadt.
Mohammadi spielt eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Kopftuchzwang sowie gegen die Todesstrafe im Iran. In den vergangenen beiden Jahrzehnten wurde sie gut ein Dutzend Mal verhaftet und fünf Mal zu Haftstrafen von insgesamt mehr als 30 Jahren sowie rund 150 Peitschenhieben verurteilt.
Seit November 2021 ist sie wegen "Propaganda gegen den Staat" im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis in Haft. Mohammadi hat ihre Kinder seit neun Jahren nicht gesehen und seit ihrer Inhaftierung vor eineinhalb Jahren auch nicht mehr mit ihnen sprechen können.
W.Baxter--TNT