Karlsruhe: Bundestagswahl in Berlin muss teilweise wiederholt werden
Die Bundestagswahl von 2021 muss wegen zahlreicher Pannen in etwas mehr als einem Fünftel der Berliner Wahlbezirke wiederholt werden. Dabei sollen sowohl Erst- als auch Zweitstimmen neu abgegeben werden, wie das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe entschied. Es ging damit leicht über den Beschluss des Bundestags hinaus, der vor einem Jahr eine Teilwiederholung beschlossen hatte. Berlin hat nun 60 Tage Zeit. (Az. 2 BvC 4/23)
Bei der Bundestagswahl im September 2021 hatten sich vor einigen Wahllokalen der Hauptstadt lange Schlangen gebildet, etwa weil Stimmzettel fehlten oder zu wenige Wahlkabinen vorhanden waren. Einige Wahllokale blieben bis nach 18.00 Uhr geöffnet, als schon die ersten Prognosen über den Ausgang veröffentlicht wurden.
Wegen der Pannen gab es später mehr als 1700 Einsprüche gegen die Wahl, unter anderem vom damaligen Bundeswahlleiter selbst. Der Bundestag beschloss im November 2022, dass die Wahl wegen Wahlfehlern in 431 Berliner Wahlbezirken wiederholt werden solle. Das war der Unionsfraktion nicht genug. Sie wandte sich an das Verfassungsgericht, um zu erreichen, dass die Zweitstimmen für die Parteilisten in der Hälfte der Berliner Wahlkreise neu abgegeben werden.
Eine solche deutliche Ausweitung lehnte das Bundesverfassungsgericht aber nun ab, ebenso eine Wiederholung in ganz Berlin. Der Bundestagsbeschluss sei im Ergebnis überwiegend rechtmäßig, sagte Gerichtsvizepräsidentin Doris König in ihrer Einführung zur Urteilsverkündung. Das Parlament habe "das Wahlgeschehen jedoch unzureichend aufgeklärt". Das holte das Verfassungsgericht nach.
Nach seiner Prüfung erklärte es die Wahl in einigen weiteren Wahlbezirken für ungültig, in anderen hob es die Ungültigerklärung auf. Insgesamt muss die Bundestagswahl nach dem Urteil in 455 von 2256 Berliner Wahlbezirken wiederholt werden.
Das Gericht erklärte am Dienstag außerdem eine Wahlprüfungsbeschwerde der AfD-Bundestagsfraktion für unzulässig. Diese hatte eine komplette Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin gefordert. Das habe sie aber nicht ausreichend dargelegt, teilte das Gericht mit.
Letztmöglicher und wahrscheinlichster Termin für die teilweise Wahlwiederholung ist nun der 11. Februar. Das kündigte Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler bereits vor einigen Tagen an. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) zeigte sich am Dienstag zuversichtlich, dass die teilweise Wahlwiederholung gut verlaufen werde. Er habe "volles Vertrauen" in Bröchler, erklärte Wegner. Der Senat habe "mit ihm gemeinsam alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen, damit Wahlen in Berlin wieder funktionieren".
D.S.Robertson--TNT