EU eröffnet Beitrittsgespräche mit der Ukraine und Moldau
Die Europäische Union nimmt Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und dem Nachbarland Moldau auf. Das entschieden die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel, wie EU-Ratspräsident Charles Michel im Onlinedienst X mitteilte. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem "Sieg für die Ukraine" und "für ganz Europa".
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte die Entscheidung "ein starkes Zeichen der Unterstützung und eine Perspektive für die Ukraine", wie er ebenfalls auf X schrieb. Die Ukraine und Moldau gehörten "zur europäischen Familie".
Aus EU-Kreisen hieß es, der ungarische Regierungschef Viktor Orban habe seine Blockade aufgegeben. Dies wurde allerdings nur durch einen gesichtswahrenden Trick möglich, wie es aus übereinstimmenden Quellen hieß: Orban war demnach nicht im Saal, als der Text angenommen wurde. Das Vorgehen sei mit ihm abgesprochen gewesen.
Orban selbst distanzierte sich von der Gipfeleinigung. In einem auf Facebook veröffentlichten Video sprach er von einer "völlig sinnlosen, irrationalen und falschen Entscheidung". Er habe sich der Stimme enthalten.
Bis auf Ungarn hatten sich alle Mitgliedsländer zu Gipfelbeginn für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen stark gemacht. Die Entscheidung erforderte Konsens der Mitgliedsländer. Orban habe entschieden, sein Veto nicht einzulegen, sagte der irische Regierungschef Leo Varadkar. Luxemburgs Ministerpräsident Luc Frieden sprach von einem "außergewöhnlichen" Vorgehen, das wegen der geostrategischen Bedeutung gerechtfertigt sei, aber nicht zur Regel werden sollte.
Georgien hat laut Michel nun den Status eines Beitrittskandidaten. Die Mitgliedsländer wollen zudem Beitrittsgespräche mit Bosnien-Herzegowina aufnehmen, sobald das Land die Bedingungen dafür erfüllt. Die EU-Kommission soll dazu im März einen Bericht vorlegen. Michel sprach von einem "klaren Signal der Hoffnung" für die Bewohner dieser Länder und für den europäischen Kontinent.
Moldaus Präsidentin Maia Sandu begrüßte das Votum. "Wir spüren heute die herzliche Umarmung Europas", erklärte sie. Vor ihrem Land liege aber noch harte Arbeit. Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili sprach von einem "monumentalen Meilenstein" für ihr Land. Die Ex-Sowjetrepublik Georgien hatte den EU-Beitritt wie die Ukraine und Moldau im Februar 2022 beantragt, kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lobte die "strategische Entscheidung". Damit schrieben die Mitgliedsländer Geschichte, erklärte sie.
Weiter verhandelt wurde bei dem Gipfel am Abend über ein 50 Milliarden Euro schweres Hilfspaket für die Ukraine. Orban hatte bei seinem Eintreffen in Brüssel kundgetan, die Wirtschaftshilfen eilten nicht. Gefeilscht wurde auch noch um eine milliardenschwere Aufstockung des EU-Haushaltsrahmens bis 2027. Die Gelder sind unter anderem für den Außengrenzschutz und für Migrationsabkommen mit Drittländern vorgesehen.
Selenskyj hatte die EU eindringlich vor einem Scheitern des Gipfels gewarnt. Russlands Präsident Wladimir Putin würde dies mit einem "zufriedenen Lächeln" quittieren, sagte er in einer Videoschaltung mit den Europäern.
V.Allen--TNT