Memorial-Vorsitzendem Orlow droht Haftstrafe in Berufungsverfahren in Moskau
Nach seiner Verurteilung zu einer Geldstrafe wegen wiederholter "Diskreditierung" der russischen Armee steht der bekannte Menschenrechtsaktivist Oleg Orlow seit Donnerstag erneut in Moskau vor Gericht. Dem Ko-Vorsitzenden der Menschenrechtsorganisation Memorial droht in dem Berufungsverfahren eine Haftstrafe.
Orlow war vor zwei Monaten zu einer vergleichsweise geringen Geldstrafe in Höhe von 150.000 Rubel (1400 Euro) verurteilt worden. Der 70-Jährige beklagte das "ungerechte" Urteil und legte Berufung ein. Die Staatsanwaltschaft, die ursprünglich die Geldstrafe beantragt hatte, verlangt nun eine dreijährige Gefängnisstrafe für Orlow.
Dem Ko-Vorsitzenden der Ende 2021 von den russischen Behörden aufgelösten NGO Memorial, die 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, wurde wegen eines Russland-kritischen Gastbeitrags auf der französischen Website "Mediapart" der Prozess gemacht. In dem Text warf er den russischen Truppen vor, in der Ukraine "Massenmorde" zu begehen. Zudem beklagte er, dass sein Land "in den Totalitarismus zurückgefallen" sei. Orlow hatte seit Beginn der russischen Offensive zudem Ein-Mann-Proteste in Moskau abgehalten.
In Russland werden kritische Stimmen seit Jahren unterdrückt. Mit Beginn der Offensive gegen die Ukraine im Februar 2022 wurde der Druck nochmals deutlich verschärft. Tausende Russen, die Kritik an dem Militäreinsatz äußerten, wurden inhaftiert oder zu Geldstrafen verurteilt.
F.Jackson--TNT