Trotz UN-Abstimmung: Kämpfe zwischen Israel und Hamas im Gazastreifen gehen weiter
Trotz breiter Zustimmung zu einer UN-Resolution für eine sofortige humanitäre Waffenruhe im Gazastreifen gehen die Gefechte in dem Palästinensergebiet zwischen Israel und der islamistischen Hamas unvermindert weiter. Nach israelischen Angaben feuerte die Hamas am Mittwoch weiter Raketen auf Israel ab. Wie AFP-Reporter berichteten, zielten israelische Luftangriff auf die Städte Gaza, Rafah und Chan Junis. US-Präsident Joe Biden warf Israel indes in ungewöhnlicher Schärfe "willkürliche" Bombardierungen des Gazastreifens vor.
In der Stadt Sderot und anderen südisraelischen Orten ertönte am Mittwoch erneut Luftalarm. Die israelische Armee erklärte, die meisten von der Hamas aus dem Gazastreifen abgefeuerten Raketen seien abgefangen worden. Zudem habe die Armee einen Luftangriff auf eine militante Zelle in Schejaija, einem Viertel in der Stadt Gaza im nördlichen Gazastreifen, geflogen, "die dabei war, Israel mit Raketen zu beschießen".
Zudem teilte die israelische Armee mit, dass bei ihrer Offensive gegen militante Hamas-Kämpfer im Gazastreifen bisher 115 israelische Soldaten getötet worden seien, zehn von ihnen allein am Dienstag bei Gefechten im Norden des Palästinensergebiets.
Nach Angaben des Hamas-kontrollierten Gesundheitsministeriums wurden bei israelischen Luftangriffen mindestens 50 Menschen getötet. Die Angriffe erfolgten demnach in Gaza sowie in Nusseirat und Deir al-Balah im Zentrum und in Rafah und Chan Junis im Süden, wo Israel die Spitzen der Hamas sowie die von ihr festgehaltenen Geiseln vermutet.
Mehr als zwei Monate nach Beginn des Krieges im Gazastreifen stimmte die UN-Vollversammlung in New York in der Nacht für eine nicht bindende Resolution mit der Forderung nach einer sofortigen humanitären Waffenruhe. 153 der 193 Mitgliedstaaten votierten dafür, zehn dagegen, darunter die USA und Israel. Beide argumentieren, eine Waffenruhe würde der Hamas in die Hände spielen. 23 Mitgliedstaaten enthielten sich, darunter Deutschland.
Das Auswärtige Amt begründete die Enthaltung im Kurzbotschaftendienst X (vormals Twitter) damit, dass der Resolutionsentwurf den "barbarischen" Angriff der Hamas auf Israel verschweige und "mindestens implizit" das Recht Israels in Frage stelle, sich "gegen diesen Terror der Hamas zu verteidigen". Ein "Nein" lehnte das Ministerium mit Verweis auf "das Leid der Palästinenser" und die Freilassung der verbliebenen Geiseln ebenfalls ab. Deutschland setze sich für "humanitäre Pausen" ein.
Die Hamas hatte Israel am 7. Oktober überfallen und den schlimmsten Angriff auf das Land seit der Staatsgründung vor 75 Jahren verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1200 Menschen getötet und rund 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt, die meisten von ihnen Zivilisten. Die Hamas hält noch immer mehr als 130 Geiseln in ihrer Gewalt.
Israel reagierte mit massiven Luftangriffen auf Ziele im Gazastreifen sowie einer Bodenoffensive und kündigte an, die Hamas zu vernichten und die Geiseln zu befreien. Bei den israelischen Angriffen wurden nach nicht unabhängig überprüfbaren Hamas-Angaben im Gazastreifen mehr als 18.400 Menschen getötet, die meisten davon Frauen und Kinder.
US-Präsident Biden sagte am Dienstag bei einer Wahlkampfveranstaltung in Washington, nach dem Angriff der Hamas habe "der Großteil der Welt" hinter Israel gestanden. "Aber sie sind dabei, diese Unterstützung durch die willkürlichen Bombardements zu verlieren, die stattfinden." Bei einer späteren Pressekonferenz äußerte Biden sich aber zurückhaltender: Die USA stünden an der Seite Israels, es gebe aber große Besorgnis wegen "der Sicherheit von unschuldigen Palästinensern".
Bei der Wahlkampfveranstaltung sprach Biden der Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu auch die Bereitschaft zu einer Zweistaatenlösung ab. "Dies ist die konservativste Regierung in der Geschichte Israels", sagte Biden. Sie wolle keine Zweistaatenlösung, Netanjahu müsse seine Haltung bei dem Thema "ändern".
Zuvor hatte Biden ein Gespräch mit Netanjahu geführt. Israels Regierungschef sagte danach, es gebe zwischen den Verbündeten eine "Meinungsverschiedenheit" darüber, wie es nach dem Ende des Krieges im Gazastreifen weitergehen solle. Er werde nicht "den Fehler von Oslo wiederholen". Damit spielte Netanjahu auf die in den USA 1993 unterzeichneten Oslo-Abkommen an, die den Palästinensern eine autonome Verwaltung im Westjordanland und im Gazastreifen übertrugen.
F.Adams--TNT