Vor Koalitionsausschuss: "Ampel" streitet über Schuldenausnahme auch 2024
Vor dem Koalitionsausschuss am Mittwochabend hat die Ampel-Koalition über die Aussetzung der Schuldenbremse auch im kommenden Jahr gestritten. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte, die SPD sehe nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts keine andere Möglichkeit als die erneute Erklärung einer Notlage. Widerspruch kam umgehend von der FDP.
Es sei "der Standpunkt der sozialdemokratischen Partei", dass die Regierung "um die Nutzung der Notlage im Rahmen der Schuldenbremse auch für (...) das kommende Haushaltsjahr" nicht herumkommen werde, sagte Kühnert am Mittwoch im Deutschlandfunk. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gebe es "ein viele Milliarden großes Loch in den Planungen für den Haushalt 2024". Kühnert sprach von einem hohen zweistelligen Milliardenbetrag.
Niemand habe bisher "nur ansatzweise" Vorschläge für Einsparungen vorgelegt, "die dieser Größenordnung gerecht werden", sagte der SPD-Generalsekretär. Deshalb sei die erneute Aussetzung der Schuldenbremse nötig.
"Die SPD-Interpretation der Schuldenbremse hält dem Bundesverfassungsgerichtsurteil nicht stand", konterte der FDP-Haushaltsexperte Christoph Meyer gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. "Konsolidierungsdruck rechtfertigt kein Aussetzen der Schuldenbremse. Prioritätensetzung ist notwendig und Einsparvolumen gibt es im Bundeshaushalt definitiv, über beides wird sich die Koalition gemeinsam verständigen."
Wie am Montag schon SPD-Chefin Saskia Esken verwies Kühnert auf die milliardenschwere Unterstützung der Ukraine als mögliche Begründung für die Aussetzung der Schuldenbremse. Dabei gehe es neben Waffenlieferungen auch um humanitäre Hilfe für das angegriffene Land und die Versorgung der Kriegsflüchtlinge.
Das Bundesverfassungsgericht hatte Mitte November die Aufstockung des Klima- und Transformationsfonds (KTF) durch ungenutzte Kredite aus der Corona-Pandemie für unzulässig erklärt. Damit fehlen der Ampel-Koalition allein bereits 60 Milliarden Euro für Projekte der Energiewende.
Auch der ähnlich finanzierte Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) wird als Folge des Karlsruher Urteilsspruchs abgewickelt. Die aus ihm finanzierten Energiepreisbremsen laufen deshalb anders als geplant schon Ende des Jahres aus. Um die Zahlungen dafür in diesem Jahr noch zu ermöglichen, legte die Ampel-Regierung für 2023 einen Nachtragshaushalt vor, für den nun zum vierten Mal in Folge die Schuldenbremse ausgesetzt werden soll.
Ein großes Fragezeichen steht noch hinter dem Haushalt für 2024. Die Bundesregierung hatte seine Verabschiedung als Folge des Verfassungsgerichtsurteils verschoben. Seit der Karlsruher Entscheidung wird in der Ampel-Koalition über mögliche Einsparungen diskutiert. Während die FDP hierfür auch Möglichkeiten bei Sozialleistungen sieht, lehnt dies die SPD kategorisch ab.
Aus der FDP wurden nun auch Forderungen zurückgewiesen, zum Schließen der Haushaltslücke den CO2-Preis im kommenden Jahr deutlich stärker zu erhöhen als vorgesehen. Er halte dies "nicht für sinnvoll", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Torsten Herbst, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Das geeignetere System für den Klimaschutz sei ohnehin der europäische CO2-Zertifikatehandel, bei dem "Markt und Nachfrage den CO2-Preis bestimmen, nicht die Politik".
Die nationale CO2-Bepreisung für Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas war 2021 mit 25 Euro pro Tonne eingeführt worden. 2024 soll sie von derzeit 30 auf 40 Euro steigen. Nach dem Karlsruher Urteil mehrten sich die Stimmen, die eine höhere CO2-Steuer forderten, um Einnahmen zu generieren.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) warnte die Ampel-Koalition davor, die Entscheidungen zum Haushalt 2024 "übers Knie zu brechen". Er riet der Regierung im TV-Sender Welt, 2024 ohne erneute Aussetzung der Schuldenbremse auszukommen. Die Union werde nun abwarten, ob sich die FDP mit dieser Position innerhalb der "Ampel" durchsetzen könne.
C.Stevenson--TNT