Buschmann verteidigt Selbstbestimmungsgesetz - Union warnt vor Folgen der Reform
Anlässlich der ersten Beratung des Selbstbestimmungsgesetzes am Mittwochabend im Bundestag hat Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) das Vorhaben verteidigt. "Ein freiheitlicher Staat darf transgeschlechtliche Menschen nicht wie Kranke behandeln", erklärte Buschmann. "Ein liberaler Staat muss respektieren, wenn transgeschlechtliche Menschen ihren Geschlechtseintrag ändern wollen." Es gehe "um die Achtung und die Würde der Person - nicht um Identitätspolitik oder Zeitgeist". Scharfe Kritik an dem Vorhaben kam aus der Union.
Mit Blick auf die Bundestagsberatungen zeigte sich Buschmann überzeugt, dass sich die Vorbehalte entkräften ließen, "die manche noch gegen das Selbstbestimmungsgesetz hegen". Die Ampel-Koalition habe einen Gesetzentwurf vorgelegt, "der die Interessen der gesamten Gesellschaft in den Blick nimmt", so der Justizminister. "Die überfällige Besserstellung von transgeschlechtlichen Menschen wird nicht zu Lasten anderer gehen", betonte er.
Buschmann verwies darauf, dass viele andere Länder längst ähnliche Regeln hätten, darunter etwa auch die Schweiz. Die dortigen Erfahrungen seien "ermutigend".
Die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Dorothee Bär (CSU) kritisierte dagegen, das geplante Gesetz zur freien Wahl von Geschlechtseintrag und Vornamen "vermischt Biologie und Ideologie". Bär sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwochsausgaben): "Gerade für Kinder und Jugendliche halte ich das für gefährlich. Das Selbstbestimmungsgesetz bestärkt sie in ihrer altersbedingten Unsicherheit." Die Bundesregierung werde damit ihrem staatlichen Schutzauftrag für junge Menschen nicht gerecht.
Die CSU-Politikerin fügte hinzu: "Statt Kinder und Jugendliche vor einem Schritt mit gravierenden Folgen zu schützen, hebelt das Gesetz juristisch den Einfluss der Eltern auf ihre Kinder aus." Die Ampel-Koalition suggeriere, "jeder und jede könne und solle neuerdings sein Geschlecht nun frei bestimmen, und damit seien alle pubertären Probleme und Herausforderungen gelöst". Ein Geschlechtswechsel sei in den allermeisten Fällen aber nicht die Lösung.
Auch die CDU-Abgeordnete Andrea Lindholz kritisierte das Gesetz scharf. "Wenn es jedem möglich ist, auf bloßen Zuruf beim Standesamt das Geschlecht jedes Jahr zu ändern, entwertet man auch das biologische Geschlecht gänzlich", sagte sie dem Portal Web.de. Es gehe "einfach zu weit", wenn "allein das Gefühl einer Person" darüber entscheiden solle, welchem Geschlecht man angehört, betonte Lindholz, die ebenfalls Unionsfraktionsvize ist.
Die Ampel-Parteien wollen es mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz trans- und intergeschlechtlichen sowie nichtbinären Menschen erleichtern, das im Personenregister eingetragene Geschlecht zu ändern. Dieser Schritt soll künftig über eine einfache Erklärung beim Standesamt möglich sein. Medizinische oder rechtliche Gutachten sollen dafür nicht mehr erforderlich sein.
Mit der Erklärung vor dem Standesamt soll die betreffende Person laut Gesetzentwurf versichern, dass "der gewählte Geschlechtseintrag beziehungsweise die Streichung des Geschlechtseintrags ihrer Geschlechtsidentität am besten entspricht" und "ihr die Tragweite der durch die Erklärung bewirkten Folgen bewusst ist".
Für Minderjährige gelten abweichende Regelungen. Bei Menschen bis zu einem Alter von 14 Jahren sollen die gesetzlichen Vertreter die Erklärung vor dem Standesamt abgeben. Diese Rolle kann auch ein Familiengericht übernehmen.
Der Bundestag sollte den Entwurf am Mittwochabend erstmals diskutieren. Danach geht er zur weiteren Beratung zurück in die Fachausschüsse.
Lewis--TNT