The National Times - Bundesverfassungsgericht kippt Klima-Milliardenplan der Ampel

Bundesverfassungsgericht kippt Klima-Milliardenplan der Ampel


Bundesverfassungsgericht kippt Klima-Milliardenplan der Ampel
Bundesverfassungsgericht kippt Klima-Milliardenplan der Ampel / Foto: © AFP/Archiv

Das Bundesverfassungsgericht hat der Bundesregierung einen Strich durch einige ihrer Klimaschutzpläne gemacht. 60 Milliarden Euro an nicht genutzten Kreditermächtigungen für den Kampf gegen die Pandemie durften nicht rückwirkend in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verschoben werden, wie das Gericht am Mittwoch in Karlsruhe entschied. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verfügte als erste Konsequenz eine Ausgabensperre für den Fonds. (Az. 2 BvF 1/22)

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Die Karlsruher Richterinnen und Richter stellten einen Verstoß gegen die im Grundgesetz verankerte Ausnahmeregelung zur Schuldenbremse fest. Diese sieht vor, dass Bund und Länder ihre Haushalte grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten ausgleichen. Für den Bund ist höchstens eine Neuverschuldung von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erlaubt.

In außergewöhnlichen Notsituationen kann die Schuldenbremse aber außer Kraft gesetzt werden. Das passierte während der Coronapandemie. Der Bundestag beschloss 2020 und 2021 mehrmals, dass zur Bewältigung der Pandemiefolgen neue Schulden aufgenommen werden dürften. Die 60 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen, um die es nun in Karlsruhe ging, genehmigte er im April 2021. Damals regierte noch die große Koalition aus Union und SPD.

Das Geld wurde zur Pandemiebekämpfung aber doch nicht gebraucht. Kurz nach dem Amtsantritt der Ampelkoalition wurden die Mittel im Februar 2022 rückwirkend auf den KTF übertragen. Aus diesem sogenannten Sondervermögen, einem Extrahaushalt, werden verschiedene Klimaschutzprojekte finanziert, etwa die energiesparende Sanierung von Gebäuden, eine Wasserstoffinfrastruktur oder Entlastungen bei Energiepreisen.

Gegen das Verschieben der Mittel wandte sich die Unionsfraktion im Bundestag an das Verfassungsgericht und hatte damit nun Erfolg. Karlsruhe erklärte das strittige zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für nichtig. Das bedeutet, dass dem KTF nun 60 Milliarden Euro weniger zur Verfügung stehen. Sollten Verpflichtungen darum nicht bedient werden können, "muss dies durch den Haushaltsgesetzgeber anderweitig kompensiert werden", wie Gerichtsvizepräsidentin Doris König sagte.

Das Gericht konkretisierte erstmals die "geschriebenen und ungeschriebenen Voraussetzungen" der Ausnahmeregelung für die Schuldenbremse. Es bemängelte, dass der Gesetzgeber das Verschieben der Gelder nicht ausreichend begründet und erklärt habe. Auch wenn in einer Notlage beschlossene Kredite in ein Sondervermögen fließen, dürfen sie dem Urteil zufolge nur in dem Haushaltsjahr genutzt werden, für das sie bereitgestellt wurden. Ein Nachtragshaushalt darf außerdem nicht erst nach Ablauf des Haushaltsjahres verabschiedet werden.

In einer ersten Reaktion kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an, die neuen Vorgaben zur Haushaltsaufstellung "genau zu beachten". Er sei denkbar, dass das Urteil "eine sehr tiefgreifende Veränderung der Haushaltspraxis" zur Folge hat, sagte Scholz in der Regierungsbefragung des Bundestags. Für den KTF werde das Urteil "unmittelbare Konsequenzen" haben. Über dessen Wirtschaftsplan müsse neu geredet werden.

Finanzminister Lindner sagte vor Journalisten, dass die Sperre des KTF-Wirtschaftsplans die Jahre ab 2024 betreffe. Ausgenommen seien Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz und der Wärmewende bei Gebäuden. Es solle nun so rasch wie möglich ein neuer Wirtschaftsplan aufgestellt werden. "Die auch bisher nicht genutzten Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro werden gelöscht", sagte Lindner.

Trotz des Urteils würden "alle zugesagten Verpflichtungen eingehalten", versicherte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Neue Ausgaben seien aber erst möglich, wenn der neue Finanzplan aufgestellt sei.

Zwischen der Bundesregierung und der Union brach nach dem Richterspruch aus Karlsruhe Streit über den Zeitplan für die Verabschiedung des Bundeshaushalts 2024 aus. Kanzler Scholz sah hier keine Auswirkungen des Urteils. Der Haushaltsausschuss solle den Entwurf wie vorgesehen in der Bereinigungssitzung am Donnerstag fertigstellen, sagte er. Am 1. Dezember solle der Etat dann vom Bundestag verabschiedet werden.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) forderte dagegen eine Unterbrechung der parlamentarischen Beratungen über den Etat. Der Bundesregierung müsse nun Zeit gegeben werden, "für das Jahr 2024 einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen", sagte der CDU-Chef.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kritisierte Scholz' Ankündigung als "fahrlässig". Der Kanzler könne nicht einfach die Haushaltsplanung abschließen, "als gäbe es dieses Urteil nicht". Merz kündigte außerdem an, nun auch die Rechtmäßigkeit des von der Bundesregierung aufgelegten Wirtschaftsstabilisierungsfonds prüfen zu lassen.

CSU-Chef Markus Söder erklärte, das Urteil sei ein "Desaster für die Ampel". Die "Regierungsfähigkeit und Deutschlands finanzpolitische Solidität stehen infrage", fügte der bayerische Ministerpräsident hinzu.

L.Graham--TNT

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