The National Times - 85 Jahre Reichspogromnacht: Warnungen vor wiedererstarkendem Antisemitismus

85 Jahre Reichspogromnacht: Warnungen vor wiedererstarkendem Antisemitismus


85 Jahre Reichspogromnacht: Warnungen vor wiedererstarkendem Antisemitismus
85 Jahre Reichspogromnacht: Warnungen vor wiedererstarkendem Antisemitismus / Foto: © AFP/Archiv

Zum 85. Jahrestag der Reichspogromnacht hat der Bundestag die Notwendigkeit betont, jüdisches Leben in Deutschland zu schützen. Vertreter der Parteien kritisierten am Donnerstag in einer Debatte Anfeindungen und Hass gegen Jüdinnen und Juden in Deutschland.

Textgröße ändern:

Die Ereignisse von 1938 dürften sich niemals wiederholen, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor den Abgeordneten. Dass der brutale Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel im Oktober auf deutschen Straßen gefeiert wurde und Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder in Angst lebten, sei beschämend. "Das werden wir nicht hinnehmen."

"Diese Demokratie duldet keinerlei Judenhass", sagte Faeser. Wer Menschen angreife, müsse "mit der ganzen Härte des Rechtsstaats rechnen". Und wer Massenmord rechtfertige, könne sich nicht auf die Meinungsfreiheit berufen. Jeder Angriff auf Jüdinnen und Juden sei ein Angriff "auf unsere freie Gesellschaft".

Die Bundesregierung ziehe deshalb Konsequenzen, sagte Faeser. Dies zeige sich in dem Betätigungsverbot für die Hamas und das Verbot des propalästinensischen Vereins Samidoun. Und sie könne versprechen: "Wir arbeiten schon an weiteren Verboten."

In der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 zerstörten von den Nationalsozialisten organisierte Schlägertrupps jüdische Geschäfte, steckten Synagogen in Brand und misshandelten tausende Jüdinnen und Juden. Die damaligen Ereignisse gelten als Beginn der systematischen Verfolgung und Vernichtung des europäischen Judentums unter dem NS-Regime.

Die Debatte des Bundestags zum Jahrestag der Reichspogromnacht stand unter dem Titel "Historische Verantwortung wahrnehmen – Jüdisches Leben in Deutschland schützen". Ein gemeinsamer Entschließungsantrag der Ampel-Fraktionen und der Union kam jedoch nicht zustande, stattdessen gab es zwei Anträge.Mehrere Ampel-Politikerinnen und -Politiker äußerten aber die Hoffnung, dass beiden Texte noch in den Ausschussberatungen zusammengeführt werden könnten, um eine gemeinsame Positionierung der demokratischen Parteien zu erreichen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt mahnte in seiner Bundestagsrede "harte politische Antworten" auf antisemitische Straftaten an. Er forderte die Bundesregierung auf, Antisemitismus als besonders schweren Fall der Volksverhetzung einzustufen und dafür eine Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten zu verhängen.

Antisemitische Straftaten sollten zudem zu Ausweisungen und bei Doppelstaatlern zu einem Passentzug führen, betonte Dobrindt. Es gelte: "Wer nicht mit Israel leben will und nicht friedlich mit Juden leben will, der kann auch nicht in Deutschland leben."

Grünen-Landwirtschaftsminister Cem Özdemir forderte die Abgeordneten auf, beim Kampf gegen Antisemitismus parteiübergreifend zusammenzustehen. Dieser vertrage keine "parteipolitischen Rituale". Özdemir betonte weiter die Bedeutung einer "konsequenten Erziehung zur Demokratie" in Schulen und Bildungseinrichtungen. Hier entscheide sich, "ob wir unserer Verantwortung zum Schutz von Jüdinnen und Juden gerecht werden".

Jüdisches Leben in Deutschland sei "ein großes Glück, dass wir schützen müssen", sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Er erwarte von jedem Bürger, dass er sich diesem Schutz verpflichtet fühle. "Zuwanderer, die diese Grundwerte nicht teilen sind in unserem Land nicht willkommen." Diese riskierten ihren Aufenthaltsstatus, sagte Dürr.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD, Beatrix von Storch, kritisierte in ihrer Rede vor allem muslimischen Judenhass. Multikulti sei gescheitert, sagte sie.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch nannte es eine "Schande" nur von importiertem Antisemitismus zu reden. "Deutschland hat genug eigenen Antisemitismus." Dieser sei hierzulande nie weg gewesen, weder im Osten noch im Westen.

Nach der Bundestagsdebatte findet am Donnerstag die zentrale Gedenkveranstaltung in Berlin statt (11.00 Uhr). Bei der Veranstaltung in der Synagoge Beth Zion wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprechen, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nimmt ebenfalls teil.

F.Jackson--TNT

Empfohlen

Klingbeil zum Wahlkampf: "SPD braucht Körperhaltung des Siegeswillens"

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil fordert seine Partei trotz schlechter Umfragewerte zu einem selbstbewussten Auftreten auf. "Die SPD braucht eine Körperhaltung des Siegeswillens", sagte Klingbeil den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Samstag. "Und das ist auch meine Aufgabe, als Parteivorsitzender voranzugehen. Das ist für unsere Klausur am Sonntag und Montag wichtig."

Verletzte UN-Blauhelmsoldaten im Libanon: Scharfe Kritik an israelischen Angriffen

Ein erneuter Zwischenfall mit verletzten Blauhelmsoldaten im Libanon hat scharfe internationale Kritik am israelischen Vorgehen im Kampf gegen die Hisbollah-Miliz ausgelöst. Westliche Länder und UN-Generalsekretär António Guterres verurteilten die Vorfälle, während die israelische Armee am Freitag eine "gründliche Untersuchung" ankündigte. Derweil rief die pro-iranische Hisbollah-Miliz die Bewohner des Nordens von Israel auf, sich von Armeeeinrichtungen in Wohngebieten fernzuhalten. Am frühen Samstag ertönten an mehreren Orten in Nordisrael die Alarmsirenen.

Merz tritt als Gastredner bei CSU-Parteitag in Augsburg auf

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz wird am Samstag beim CSU-Parteitag in Augsburg als Hauptredner auftreten (09.00 Uhr). Es ist sein erster Auftritt vor der Schwesterpartei seit seiner Ernennung zum Kanzlerkandidaten im September. Nachdem die CSU am Freitag erklärt hatte, ihr Parteitag setze den "Auftakt zum Bundestagswahlkampf", wird von Merz wird eine angriffslustige Rede erwartet.

Trump dämonisiert erneut Einwanderer in düsterer und irreführender Rede

Bei einem Wahlkampfauftritt im US-Bundesstaat Colorado hat der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump am Freitag ein apokalyptisches Bild der USA gezeichnet und erneut Einwanderer dämonisiert. "Amerika ist überall auf der Welt als 'Besetztes Amerika' bekannt. Sie nennen es 'besetzt'. Wir werden von einer kriminellen Macht besetzt", sagte Trump in der Stadt Aurora. "Aber allen hier in Colorado und in unserer ganzen Nation gebe ich dieses Versprechen und diesen Schwur: Der 5. November wird der Tag der Befreiung in Amerika sein."

Textgröße ändern: