The National Times - Union gehen Beschlüsse des Migrationsgipfels noch nicht weit genug

Union gehen Beschlüsse des Migrationsgipfels noch nicht weit genug


Union gehen Beschlüsse des Migrationsgipfels noch nicht weit genug
Union gehen Beschlüsse des Migrationsgipfels noch nicht weit genug / Foto: © AFP

In stundenlangen Beratungen bis spät in die Nacht haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Länder auf einen Kompromiss in der Asylpolitik verständigt. Mehreren Unionsvertretern gingen am Dienstag die Vereinbarungen aber nicht weit genug. Und während der Städte- und Gemeindebund sich zufrieden zeigte, sah sich der Landkreistag von den Ländern bei der beschlossenen Finanzhilfe für die Flüchtlingsversorgung im Stich gelassen.

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Bund und Länder hatten sich dabei auf einen Systemwechsel geeinigt: Statt jährlich neu ausgehandelten Pauschalbeträgen wird der Bund ab 2024 jährlich 7500 Euro pro Flüchtling zahlen, wie Scholz nach den Beratungen im Kanzleramt sagte. Die Einigung bedeute den "Übergang zu einem atmenden System", bei dem die Zahlungen des Bundes sich an der jeweiligen Flüchtlingszahl orientierten. Scholz sprach von einem "sehr historischen Moment":

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte hingegen, "es ist ein erster Schritt, aber es ist nicht der große Wurf". Insbesondere die neue Pro-Kopf-Pauschale sei viel zu niedrig. Die tatsächlichen Kosten je Flüchtling lägen bei etwa 20.000 Euro, die Differenz müssten die Länder und Kommunen nun tragen. Auch Hessens Regierungschef Boris Rhein (CDU), der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, sprach lediglich von einem "wichtigen ersten Schritt", dem weitere folgen müssten.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bezifferte die Entlastung für die Länder auf insgesamt 3,5 Milliarden Euro. Damit hätten die Länder nochmals "einen wesentlichen zusätzlichen Erstattungsbetrag" erzielt, der den Kommunen für die Flüchtlingsversorgung zur Verfügung stehe.

Die staatliche Unterstützung für Asylbewerber wollen Bund und Länder nach Möglichkeit auf Sachleistungen umstellen. Bundesweit sollen Leistungen künftig möglichst über Bezahlkarten ausgezahlt werden und nicht mehr mit Bargeld.

Wenn sich Asylverfahren lange hinziehen, sollen die Schutzsuchenden künftig bis zu 36 Monaten die vergleichsweise niedrigen Unterstützungssätze gemäß Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Bislang wurden die Bezüge schon nach 18 Monaten ungefähr auf die Höhe der regulären Sozialhilfe angehoben.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schrieb im Online-Dienst X, vormals Twitter, diese Kürzungen könnten "zu Einsparungen in Höhe von einer Milliarde Euro führen". Dadurch werde auch "die Anziehungskraft des deutschen Sozialstaats reduziert".

Die Hilfsorganisation Pro Asyl zeigte sich über die Vereinbarungen "entsetzt". Die Verlängerung der Frist für gekürzte Sozialleistungen sei "nichts anderes als ein politischer Tritt nach unten".

Bund und Länder einigten sich laut Scholz auch darauf, die verstärkten Kontrollen an den deutschen Grenzen "über lange Zeit" fortzuführen. Zudem verabredeten sie eine Beschleunigung der Asylverfahren. Zur Forderung der Union, Asylverfahren künftig in Drittstaaten außerhalb der EU auszuführen, wurde lediglich ein Prüfauftrag vereinbart. Scholz verwies hier auf juristische Bedenken und auf Zweifel an der Umsetzbarkeit.

CDU-Chef Friedrich Merz forderte die Ampel-Regierung auf, die zur Umsetzung der Beschlüsse des Migrationsgipfels nötigen Gesetze noch vor Jahresende in den Bundestag einzubringen. Er lobte insbesondere die Einigung auf Leistungskürzungen für Asylbewerber, wollte aber anders als Scholz den Gesamtkompromiss nicht als historisch bezeichnen.

"Das reicht noch nicht", erklärte Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder. "Wir müssen weiter Druck machen, um die Zuwanderung nach Deutschland zu begrenzen."

Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, nannte die Ergebnisse des Bund-Länder-Gipfels "inakzeptabel". Anders als gefordert sei der Bund nicht bereit, "die vollständigen Unterkunftskosten für anerkannte Geflüchtete" zu übernehmen, sagte er der Funke Mediengruppe. Er fühle sich "von den Ländern ein Stück weit im Stich gelassen." Der Städte- und Gemeindebund sprach hingegen von Schritten in die richtige Richtung und forderte eine schnelle Umsetzung.

"Einig ist man sich nur, das Asyl-Chaos mit noch mehr Geld vom Steuerzahler zuzukleistern", kritisierten die AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla. Von einem ernsthaften Willen, ungeregelte Migration zu beenden, könne "keine Rede sein".

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte die beschlossene Hilfe für überlastete Kommunen als völlig unzureichend. Er forderte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland eine Finanzierung der Flüchtlingskosten über eine Reichensteuer.

F.Lim--TNT

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