Westbalkan: Von der Leyen fordert Reformen gegen Hilfsmilliarden
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Westbalkanländer zu Reformen im Gegenzug für milliardenschwere Wirtschaftshilfen aufgerufen. Das Motto laute: "Reformen und Investitionen", sagte von der Leyen am Montag zum Auftakt eines dreitägigen Besuchs in der Region. Sie stellt dort einen Wachstumsplan im Umfang von sechs Milliarden Euro vor. Er soll nach ihren Worten dazu beitragen, die Wirtschaftsleistung der Westbalkanstaaten binnen eines Jahrzehnts zu verdoppeln.
Erste Stationen von der Leyens waren Nordmazedonien und das Kosovo, am Dienstag wird sie in Montenegro und in Serbien erwartet. Von dort reist sie weiter nach Bosnien-Herzegowina.
Mitte Oktober hatte von der Leyen an einem Westbalkan-Gipfel in Albanien teilgenommen. Dort stellte die EU der Region zwei Milliarden Euro an Zuschüssen in Aussicht, die nicht zurückgezahlt werden müssen, und weitere vier Milliarden in Form von Krediten. Dafür erwartet Brüssel einen entschiedeneren Kampf gegen die Korruption und Reformen etwa im Justizbereich.
Bei ihrem Besuch in Nordmazedonien lobte von der Leyen den "erstaunlichen" Fortschritt des Landes. Zugleich rief sie alle Parteien zur Billigung einer Verfassungsreform auf, die den Weg für die Aufnahme der EU-Beitrittsgespräche ebnen soll.
Nordmazedoniens Ministerpräsident Dimitar Kovacevski betonte, sein Land sei 17 Jahre nach Erhalt des EU-Kandidatenstatus für die Verhandlungen bereit. Seine Regierung hat die Verfassungsänderung vorbereitet, bisher fehlt aber die nötige Zustimmung der Opposition. Insbesondere die Christdemokraten wehren sich.
Mit der Reform soll die bulgarische Minderheit in Nordmazedonien anerkannt werden. Solange dies nicht erfüllt ist, blockiert das EU-Land Bulgarien den Start der Beitrittsgespräche mit Skopje. Dafür ist ein einstimmiger Beschluss der 27 Mitgliedsländer nötig.
Von der Leyen appellierte an alle nordmazedonischen Parteien, die Gelegenheit nicht zu verpassen. Es gebe derzeit "echten Schwung für die Erweiterung", betonte sie.
In der kosovarischen Hauptstadt Pristina verurteilte die Kommissionschefin die jüngste Gewalt im Nordkosovo mit mehreren Toten scharf. Die EU-Erweiterung stehe für "Frieden und die Normalisierung der Beziehungen", sagte sie mit Blick auf die Spannungen mit Serbien.
Das Kosovo hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, wird aber von Belgrad bis heute als abtrünniges Gebiet betrachtet. Alle Vermittlungsversuche der EU laufen bisher ins Leere. Auch Gespräche unter Beteiligung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Rande des EU-Gipfels vergangene Woche endeten ergebnislos.
Die EU-Kommission will am 8. November einen Fortschrittsbericht zu den Kandidatenländern vorlegen. Auf dieser Grundlage entscheiden die EU-Staats- und Regierungschefs Mitte Dezember über den möglichen Start der Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und dem Nachbarland Moldau. Einige Diplomaten rechnen mit einem positiven Votum ohne konkretes Datum.
Zu den Kandidatenländern zählen daneben Albanien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro und die Türkei. Die Gespräche mit Ankara liegen jedoch seit Jahren auf Eis.
T.Allen--TNT