Kritik auch aus der "Ampel" an deutscher Enthaltung bei UN-Resolution zu Gaza
Die Enthaltung Deutschlands bei der UN-Resolution zum Krieg zwischen Israel und der radikalen Palästinenserorganisation Hamas hat Kritik auch bei Ampel-Politikern hervorgerufen. "Das Votum des Außenministeriums ist enttäuschend und nicht nachvollziehbar", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai dem "Tagesspiegel" (Montagsausgabe). Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sprach von einer "Enttäuschung für die Juden in Deutschland". Deutschland habe mit seiner Enthaltung die "relativierende Haltung der UN gegenüber Israel" unterstützt.
Deutschland hätte die Resolution ablehnen sollen, sagte Schuster dem "Tagesspiegel am Sonntag". Damit hätten "die mantrahaft vorgetragenen Solidaritätsbekundungen mit Israel" auch "im Gegenwind der UN-Vollversammlung" hochgehalten werden können.
Der CDU-Außenexperte Röttgen sagte der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montagsausgabe): "Die Kritik der Bundesregierung an dem Antrag hätte zwingend ein Nein zur Folge haben müssen." Stattdessen habe Deutschland "laviert" und sei "uneindeutig" gewesen. Mit Verweis auf Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und anderen führenden Ampel-Politikern, Israels Sicherheit sei "deutsche Staatsräson", sagte Röttgen: "Staatsräson war dieses Verhalten nicht."
Die Deutsch-israelische Gesellschaft (DIG) zeigte sich "entsetzt" über das Abstimmungsverhalten. "Deutschland sollte an der Seite Israels ohne Wenn und Aber stehen", erklärte DIG-Präsident Volker Beck. "Die klaren Bekenntnisse der Bundesregierung zum Recht Israels auf Selbstverteidigung passen nicht zu diesem Abstimmungsverhalten der Lauheit." Die UN-Resolution hat nach Becks Ansicht "als alleiniges Ziel, Israels Recht auf Selbstverteidigung zu delegitimieren". Deutschland hätte klar mit Nein stimmen sollen.
Die UN-Vollversammlung in New York hatte am Freitag mit großer Mehrheit eine "sofortige humanitäre Waffenruhe" im Gazastreifen gefordert. Bei einer Dringlichkeitssitzung stimmten von den 193 Mitgliedstaaten der UNO 120 Staaten für die Resolution, 14 Staaten votierten dagegen, 45 Staaten enthielten sich.
Bei der Abstimmung zeigte sich auch die unterschiedliche Haltung westlicher Länder zu Israels Vorgehen nach dem Hamas-Angriff im Gazastreifen: Während Frankreich für die Resolution stimmte, enthielten sich Deutschland, Italien und Großbritannien der Stimme. Österreich und die USA dagegen votierten gegen den Text. Dieser wurde von Israel scharf kritisiert, die Hamas dagegen begrüßte seine Verabschiedung.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte erklärt, wichtige Punkte wie "eine klare Verurteilung aller Terrorakte und zumindest ein Ruf nach Freilassung der Geiseln" seien zwar in dem Text enthalten. "Weil die Resolution den Hamas-Terror nicht klar beim Namen nennt, die Freilassung aller Geiseln nicht deutlich genug gefordert und das Selbstverteidigungsrecht Israels nicht bekräftigt, haben wir mit vielen unserer europäischen Partner entschieden, der Resolution am Ende nicht zuzustimmen".
Der frühere Wehrbeauftragte Reinhold Robbe (SPD) sagte dem "Tagesspiegel" (Montagsausgabe), die Enthaltung Deutschlands "steht in diametralem Gegensatz zu allen sonstigen Erklärungen der Bundesregierung. Mit der Enthaltung werde der Grundsatz, wonach Israels Sicherheit Teil der deutschen Staatsräson ist, "in eklatanter Weise konterkariert“, sagte Robbe.
Der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Ulrich Lechte, verteidigte dagegen die Positionierung Berlins. Lechte nannte die Enthaltung Deutschlands "nachvollziehbar". Es müssten "Gesprächskanäle offengehalten werden, um weiteres ziviles Leid auf beiden Seiten zu verhindern sowie die immer noch gefangen gehaltenen Geiseln freizubekommen", sagte er dem "Tagesspiegel".
W.Phillips--TNT